Was vor Jahrzehnten schon annähernd zum Kanon der Kunstgeschichte zählte, stellt heute die Ausnahme dar: Eine künstlerische Intervention zieht eine gesellschaftliche oder politische Reaktion nach sich. Aber kürzlich ist es so geschehen und zwar anlässlich der "Favoriten"-Ausstellung im Kunstbau des Lenbachhauses. Dort stellt Franz Wanner unter dem Titel "Dual Use" eine Mehrkanalinstallation vor, in der er sich mit technologischen Entwicklungen beschäftigt, die sowohl für zivile wie für militärische Zwecke eingesetzt werden können - und wohl auch all zu oft unter falscher Flagge eingesetzt werden.
Die Arbeit hat, wie immer bei Franz Wanner, sehr viel Dokumentarcharakter, die Interviews sind zugleich aber durch künstlerische Eingriffe modifiziert. Wanner nennt das den "Erzählraum", den er sich geschaffen habe, um verschiedene Dinge "beim Namen nennen zu können". Er wolle aber keineswegs "die Arbeit von und für Politiker machen", betont der 1975 in Bad Tölz geborene Künstler, der sich jahrelang an vielen gesellschaftlichen Entwicklungen in seiner Geburtsstadt abgearbeitet hat.
Nun kann er sich wohl zumindest als derjenige fühlen, der Politiker dazu gebracht hat, ihre Arbeit zu machen. Denn ein Detail der Arbeit "Dual Use" veranlasste die Grünen-Abgeordnete Rosi Steinberger im August, eine Anfrage "betreffend Rüstungsforschung am Ludwig Bölkow Campus Ottobrunn" an den Bayerischen Landtag zu stellen. Konkret geht es um die Passage "Intelligence Analysis" in "Dual Use". Darin schreibt Wanner, der Freistaat Bayern löse seiner Meinung nach "die Grenze zwischen Bildung und Rüstung nachhaltig auf". In der räumlichen wie inhaltlichen Nähe zwischen Münchner Universitäten und Rüstungsunternehmen sieht er ein Problem.
Die politische Anfrage zielt darauf ab, ob öffentliche Gelder in universitäre Bereiche fließen, die den Interessen privater Unternehmen dienen, und ob hier noch klare Grenzen zwischen universitärer Forschung und unternehmerischen Zielen zu ziehen sind. Dahinter kann man auch die Frage nach einer moralischen Verantwortung sehen, inwieweit zivile Forschung auch für rüstungsrelevante Bereiche benutzt werden darf. Die Anfrage liegt nun beantwortet vor und am kommenden Montag, 17. Oktober, um 13 Uhr wird das 31 Seiten umfassende Dokument von der Grünen-Fraktion im Landtag vorgestellt.