Plattenkabinett:Heiter nach der Weltmeisterschaft

Richard Marx

Sein neues Album "Beautiful Goodbye" ist ausgereifter, ausgeruhter und reifer - wie Richard Noel Marx eben selbst.

(Foto: Zanzibar Records)

Man hat wieder einmal vier Wochen seines Lebens jenem runden Ding gewidmet, das ins Eckige musste. Jetzt kann wieder ein Leben beginnen. Womit? Mit diesen Sonnenschein-Alben von Richard Marx, Big Deal und Example.

Von Bernd Graff

Der US-Boy Richard Noel Marx, Jahrgang 1963, ist, was man in seiner Heimat "handsome" nennt, ein sehr gut aussehender Mann in seinen besten Jahren aus Chicago, Illinois. Er hat eine schon etwas längere Karriere und hatte auch ein paar Hits. Sein Ding ist erwachsene Musik, gut, böse Zungen sagen, Musik für erwachsene Fahrstuhlfahrer.

Vielleicht erinnert sich noch jemand an "Right Here Waiting," "Hazard," und "Hold On To The Nights." Normalerweise operiert er im herzschmerzbeseelten langsamen Fach, er kann aber auch den klassischen Upbeat-Rock, speziell den aus den "Dirty- Dancing"- und ausgehenden 80er Jahren. Hier mal reinhören.

Sein neues Album "Beautiful Goodbye" ist ausgereifter, ausgeruhter und reifer - wie er. Und darum passt es so hervorragend in unsere Rekonvaleszenz-Phase nach der WM. Man tut sich einen Gefallen, hier nicht reingeheimnissen zu wollen. "Whatever we started" kann man sehr gut im Stau einer deutschen Großstadt hören - während man zum Beispiel an das Spiel der deutschen Mannschaft gegen Brasilien denkt.

Wenn dieses Album eine Spiel der deutschen Mannschaft wäre, dann gegen USA.

Wenn dieses Album verschenkt werden müsste, dann einem Liftboy.

Wenn dieses Album einen Preis gewinnen würde, dann den Bambi.

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Example - Live Life living

Dieser Schnuckel aus Hammersmith, London nennt sich Example und wurde als Elliot John Gleave 1982 geboren. Eigentlich von Geburt aus ein britischer Rapper, wagt er sich mit "Live Life living" (Deluxe) ins heiter elektronische Fach. Da haben wir gar nix gegen - auch wenn manches an Scooter erinnert. Wir wollen das jetzt so. Denn wir erholen uns von WM und Endspiel, wir haben jetzt Sommer. Auch musikalisch.

Gleave studierte auch mal Filmregie, blieb aber dann doch bei der Musik. Es gibt einige Singles und Mixtapes, eigentlich nur ein erstes Studioalbum mit dem Titel "What we made". Mit "Watch the sun come up" kam er sogar melorappend in die Gehörgänge und in die Charts. Hier das etwas überambitionierte Künstler-Video dazu.

Example Watch the Sun

Ein Ausschnitt aus dem Video zu "Watch The Sun Come Up". Mit diesem Song schaffte es Example in die Charts.

Man merkt auch der neuen Platte an, dass Example seinen finalen Stil noch nicht gefunden hat. Aber der Junge hat Potential. Und wie gesagt: Wir wollen das jetzt so.

Wenn dieses Album eine Spiel der deutschen Mannschaft wäre, dann gegen Mexiko.

Wenn dieses Album verschenkt werden müsste, dann einer guten jungen Tante.

Wenn dieses Album einen Preis gewinnen würde, dann den Bachmann-Preis.

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Big Deal - Sakura

Es geht immer weiter in Richtung Sonnenuntergang. Big Deal nennt sich ein Londoner Duo, es war schon Vorgruppe von Depeche Mode, das im Lauf seiner letzten beiden Alben seinen feinen, sehr harmonischen Stil gefunden hat. Der ist eingängig, melodiös, fein abgestimmt zwischen Männer- und Frauenstimme und kommt genauso mühelos herüber, wie wir das gerade brauchen. Wunderschön, auch wenn von gebrochenen Herzen gesungen wird.

Zu dieser insgesamt begrüßenswerten Form von Selbstoptimierung gehört auch, dass die beiden etwa das Lied "Talk" von ihrem Debüt-Album "Lights Out" jetzt neu aufgemischt haben. Hier ist das Video zur ursprünglichen Version.

Klar, kann man so auch machen. Aber die sonnendurchflutete jüngste Version (mit dem Zusatz Reprise) ist für nach WM-Rekonvaleszenten besser verdaulich.

Also: Viertes Album von Big Deal anhören und, ja, man könnte dabei auch mal wieder an die 10 Minuten zwischen der zwanzigsten und dreißigsten Minute des Brasilien-Spiels denken!

Wenn dieses Album eine Spiel der deutschen Mannschaft wäre, dann gegen England.

Wenn dieses Album verschenkt werden müsste, dann dem Barmann, der deinen Hendrick's Tonic mit Gurke mixt.

Wenn dieses Album einen Preis gewinnen würde, dann den Pulitzer-Preis.

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Hier finden Sie Platten, die in dieser Rubrik kürzlich besprochen wurden.

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