Planet Pop: Patti Smith:Nochmal 14 und erschüttert sein!

Am 12. März wurde Patti Smith in die Rock'n'Roll Hall of Fame aufgenommen. Das ist so etwas wie das amerikanische Bundesverdienstkreuz; irgendwann bekommt es jeder, der lange genug dabei ist.

Willi Winkler

In einem Beitrag für die New York Times frug sich Patti Smith denn auch, ob sie das dürfe, ob sie als Bohemienne, "die in der revolutionären Landschaft des Rock arbeitet", diese Ehrung überhaupt annehmen dürfe.

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Doch, darf sie, muss sie sogar, denn sie ist nicht allein. Rock'n'Roll führt noch schneller in die geriatrische Abteilung als Kokainschnupfen oder Zeitungsschreiben. Patti Smith hat sechzehn Jahre ausgesetzt, zwei Kinder aufgezogen und einen Ehemann bis in den Tod betreut. Jetzt ist sie sechzig, aber stellt euch vor, es ist wie früher. Patti Smith singt wie in den Siebzigern, als sie elfenschlank und hexenfern in New York erschien, eine unbegreifliche Spätblüte, eine präraffaelitische Kreuzung aus Keith Richards und Jim Morrison, nur weiblich.

Jetzt hat Patti Smith eine neue Platte herausgebracht. Sie heißt "Twelve" wie die zwölf Apostel und zeigt die Smith erschütterbar wie jene 14-Jährige, die einst vor Schreck und Glück die Hand ihrer Mutter fahren ließ, als sie die Stimme von Little Richard hörte. Patti Smith singt die Klassiker, Stücke von Jimi Hendrix und Neil Young, diseust und kann das alles, wird Grace Slick und Paul Simon, sie jammert mit Jagger und wimmert mit Cobain. Mit der Sonntagsschule war es 1955 vorbei, als sie "Tutti Frutti" hörte. Sie kam vom rechten Weg ab, aber der führte sie am Ende: in die Bundesverdiensthalle. Yo!

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