Süddeutsche Zeitung

Plagiatsvorwürfe: "Soul Kitchen":Assoziationen & Inspirationen

Lesezeit: 2 min

Der Film ist noch nicht in den Kinos. Doch der Streit ist schon entbrannt: Hat sich Fatih Akin für seinen neuen Film bei einem Roman bedient? Wurde in der Küche getrickst?

Susan Vahabzadeh

Fatih Akins "Soul Kitchen" ist schneller vor Gericht gelandet, als er ins Kino gekommen ist. Schon bald nach der Uraufführung im September, im Wettbewerb der Filmfestspiele in Venedig, meldete sich der Autor Alexander Wallasch zu Wort und fühlte sich verfilmt - er meint, in "Soul Kitchen" seinen Roman "Hotel Monopol" wiederzufinden.

Die Behauptung hat ihm Akin per einstweiliger Verfügung untersagen lassen. Vor ein paar Jahren hatte der Braunschweiger Autor seinen damals noch unveröffentlichten Roman Akin in einem Berliner Restaurant übergeben und ihn gebeten, ihn zu lesen. Nun besteht Wallasch, der den Roman als Alexander Wall veröffentlichte, darauf, es gebe auffällige Ähnlichkeiten zwischen Film und Roman. Fatih Akin beteuert, er habe ihn nie gelesen. Und weil man ja Akins Hirn nicht nach geleisteter Lektüre scannen kann, steht Aussage gegen Aussage.

Übereinstimmungen gibt es allerdings in der Tat, in vielen Details und im großen Ganzen der Geschichte: Die Hauptfigur ist in beiden Fällen Wirt, und mit seinem Etablissement geht es erst bergauf und dann bergab. Allerdings unterläuft, was im Buch vom Helden cool geplant wird, Akins Zinos eher aus Verzweiflung. Und was den Mann angeht, der in der Küche schaltet und waltet - Birol Ünel improvisiert als Filmkoch mit Junkfood, so ähnlich geht"s auch im Buch -, da gibt es bei näherer Betrachtung nicht wirklich eine Übereinstimmung: Birol Ünel ist sozusagen ein Küchengelehrter auf Kreuzzug gegen das Banausentum.

Der Wirt in "Hotel Monopol" mixt zum Dessert Marmelade mit Mondamin und findet's okay. Im Roman gibt es eine geliebte Kellnerin, die in die Ferne zieht, im Film sind die angeschmachtete Kellnerin und die Frau, die weggeht, zwei verschiedene Charaktere. Von einer Verfilmung kann also nicht die Rede sein - die Geschichte, die Fatih Akin und Adam Bousdoukos schrieben, entwickelt sich vor dem Hintergrund des Restaurants zu einem Bruderzwistdrama und einer Immobilienspekulanten-Story.

Es geht also eher um Assoziationen und Inspirationen. Was die Überschneidungen in Details betrifft, so ist manches an der Geschichte halt vielleicht einfach nicht sehr originell.

Ein erfolgreiches Szene-Restaurant, und dann bricht alles zusammen? Davon handelt der Rattentrickfilm "Ratatouille". Mit Gourmet-Tricksereien hat John Cleese schon vor 35 Jahren versucht, das Image des Hotels "Fawlty Towers" zu renovieren.

Aufgepepptes Fertigfutter? Es gibt wahrscheinlich ungefähr hundert Fernsehsketche in aller Welt, die das zum Thema haben. Einen gemeinsamen Tonfall haben sie jedenfalls nicht: "Hotel Monopol" stellt eine Schwäche fürs halbseiden Vulgäre zur Schau, die Fatih Akin nun wirklich nicht hat. Der hält sich, besonders in "Soul Kitchen", nicht an irgendeinen vermeintlichen "Szenejargon", sondern eher an eine Art Wohngemeinschaftsklientel. Und Wallaschs Buch ist jetzt auf jeden Fall schon mal berühmter, als es ohne den Krach mit Fatih Akin je geworden wäre.

Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr.296, Mittwoch, den 23. Dezember 2009

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