Süddeutsche Zeitung

Vorwurf sexueller Belästigung:Immer mehr Opernhäuser laden Plácido Domingo aus

  • Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe sexueller Übergriffe gegen Plácido Domingo sagen immer mehr Opernhäuser Konzerte mit dem Sänger ab.
  • Neun Frauen werfen Domingo vor, sie zu sexuellen Beziehungen gezwungen haben zu wollen.
  • Der Opernsänger, -dirigent und -direktor weist dies von sich.

Nach dem Orchester in Philadelphia und der Los Angeles Opera zieht auch die Oper von San Francisco Konsequenzen aus den Vorwürfen gegen Opernlegende Plácido Domingo. Sie strich ein für Oktober geplantes Konzert mit Domingo, nachdem neun Frauen ihm sexuelle Belästigung und unangemessenes Verhalten vorwarfen. Acht Sängerinnen und eine Tänzerin hatten der Nachrichtenagentur AP berichtet, der Opernsänger und Dirigent habe sich ihnen unerwünscht sexuell genähert - dieses Verhalten sei lange ein offenes Geheimnis in der Opernwelt gewesen.

Die Frauen sagten, Domingo habe sie in sexuelle Beziehungen zwingen wollen, indem er ihnen Jobs angeboten habe. In einigen Fällen habe er die Frauen bestraft, wenn sie seine Annäherungen verweigerten. Sechs Frauen erklärten, sie hätten sich durch anzügliche Annäherungsversuche seitens Domingo unwohl gefühlt. Beinahe drei Dutzend weitere Personen aus Opernkreisen sagten, sie hätten unangemessenes, sexuell-gefärbtes Verhalten von Domingo beobachtet.

Sieben der neun Frauen sagten, ihre Karrieren seien ihren Ansichten nach zum Negativen beeinflusst worden, nachdem sie seine Annäherungsversuche abgewehrt hatten. Einige sagten, dass versprochene Rollen niemals zustande kamen. Die Vorwürfe umspannen einen Zeitraum von drei Jahrzehnten, ab Ende der 1980er Jahre, und sollen sich an Opern zugetragen haben, wo Domingo höchste Posten innehatte.

Domingo nennt Anschuldigungen "unzutreffend"

Philadelphias Oper gab nach dem Bericht bekannt, Domingo sei nicht länger eingeladen, bei einem Eröffnungskonzert Mitte September zu erscheinen. Das Haus fühle sich verpflichtet, dass es dort ein "sicheres, unterstützendes, respektvolles und angemessenes Umfeld" gebe. Es war die erste Reaktion nach der Veröffentlichung der Vorwürfe. Die Oper in Los Angeles, wo Domingo seit 2003 Direktor ist, teilte mit, sie werde mithilfe von auswärtigen Beratern die Anschuldigungen untersuchen. Aus San Francisco hieß es, obwohl das unangemessene Verhalten in San Francisco stattgefunden haben soll, sei die Oper ihren "strengen Regeln gegen sexuelle Belästigung verpflichtet und verlangt von allen Mitglieder, die höchsten Standards professionellen Verhaltens einzuhalten".

Der Opernsänger nannte die Anschuldigungen "zutiefst beunruhigend und wie dargelegt, unzutreffend". Er müsse aber auch anerkennen, dass die heutigen Anstandsregeln sich deutlich von denen früherer Jahre unterschieden.

Der 78-Jährige gilt als einer der größten Opernsänger aller Zeiten. Rund um die Welt sorgt er für volle Konzerthallen. In mehr als 4000 Auftritten hat er 150 Rollen verkörpert - mehr als jeder andere Opernsänger der Geschichte.

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