Pianist Van Cliburn ist tot:Der Texaner, der Russland eroberte

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Van Cliburn auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1963 - nun ist der US-Pianist verstorben. (Foto: Getty Images)

Mitten im Kalten Krieg gewann er den Tschaikowsky-Wettbewerb im kommunistischen Moskau. Damit wurde der US-Pianist Van Cliburn zum Volkshelden und verhalf der klassischen Musik in seiner Heimat zu ungekannter Popularität. Nun ist er mit 78 Jahren gestorben.

Der US-Pianist Van Cliburn ist tot. Er sei am Mittwoch im Alter von 78 Jahren in seinem Haus im texanischen Fort Worth an Knochenmarkkrebs gestorben, berichten US-Medien unter Berufung auf seine Agentin. Cliburn hatte 1958 als erster Amerikaner den Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerb in Moskau gewonnen und war damit in den USA zum Volkshelden geworden.

Van Cliburn wurde am 12. Juli 1934 im US-Bundesstaat Louisiana geboren. Ersten Klavierunterricht erhielt er als Dreijähriger durch seine Mutter, eine ausgebildete Pianistin. Die Familie zog später nach Texas, wo das musikalische Wunderkind bald auf sich aufmerksam machte.

Während seines New Yorker Studiums Anfang der 1950er Jahre gewann Cliburn Preise und erlebte bei Konzerten Erfolge. Für 1958 plante er eine Europatournee, doch er nahm zuvor auf Anraten seiner Lehrerin am Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerb in Moskau teil, aus dem er am 14. April 1958 als erster amerikanischer Pianist als Sieger hervorging. Die Zuschauer spendeten Cliburn acht Minuten lang stehend Applaus.

"Es gibt nur zwei unersetzbare Dinge"

"Ist der Amerikaner wirklich der Beste?", soll der sowjetische Regierungschef Nikita Chruschtschow damals gesagt haben, als er über die bevorstehende Ehrung informiert wurde, berichtet das Wall Street Journal. Als das bejaht wurde, habe er gesagt: "Dann müsst ihr ihm den Preis geben."

Das Time-Magazin kürte den Pianisten daraufhin zum "Texaner, der Russland eroberte". Cliburns Einspielung des ersten Klavierkonzerts von Tschaikowsky verkaufte sich kurz darauf mehr als eine Million Mal und wurde zu einem der erfolgreichsten Klassik-Alben aller Zeiten.

Nach Meinung mancher Kritiker hielt Cliburns künstlerische Entwicklung jedoch nicht den hohen Erwartungen stand. So urteilte etwa Joachim Kaiser 1972: "...des (Klavier-)Volkes Stimme befand einige Jahre lang, Van Cliburn sei ein bedeutender Pianist - während doch der junge Mann nur ein konventioneller, manuell begabter Preisträger war."

Sein Erfolg hielt dennoch an: Der Pianist tourte um die ganze Welt und erhielt 2003 mit der Friedensmedaille die höchste zivile Auszeichnung der USA. In Fort Worth wird ihm zu Ehren alle vier Jahre ein renommierter internationaler Klavier-Wettbewerb ausgetragen - der nächste ist für diesen Sommer geplant.

"Es gibt nur zwei unersetzbare Dinge", hatte Cliburn noch vor kurzem in einem seiner letzten Interviews gesagt. "Großartige Musik und wunderschöne Erinnerungen".

© Süddeutsche.de/dpa/mit Material aus dem Munzinger Archiv/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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