Phrasenmäher: Ramschniveau:Scheiße versteht jeder

Die Verwechslung einer Facette mit dem Ganzen: Irland ist auf Ramschniveau herabgestuft worden, dabei kann ein Staat alles sein, nur nie komplett Ramsch.

Bernd Graff

Die Ratingagentur Moody's hat gerade Irland auf "Ramschniveau" herabgestuft, als "nicht geeignet für ein Investment". Sagt Moody's. Eine Agentur, die heißt, wie ein Cream-Likör heißen sollte.

Schlag für Irland: Ratingagentur Moody's spricht von ´Ramsch"

Kein Ramsch: Guiness-Bier schmeckt nirgendwo so gut wie Irland, obwohl dem Land der junk status zuerkannt wurde.

(Foto: dpa)

Gehen wir hier davon aus, dass die Analysten von Moody's bei Trost und Verstand sind. Doch hinterlässt die Tatsache, dass man einem Land den junk status zuerkennt, einen bitteren Nachgeschmack. "Ramsch" definiert das Grimmsche Wörterbuch als "kaufmannswort, wo es eine menge aus der mode gekommener waaren, auch ausschuszwaaren bezeichnet, die zu herabgesetztem preise verkauft werden".

Es ist nicht böswillig festzustellen, dass selbst Ökonomen ihren Jargon nicht wertfrei gestalten. Irgendwas Allgemeinirdisches ist immer mitgemeint.

Erinnert sei an den US-Senator Carl Levin aus Michigan, der während der Goldman-Sachs-Anhörungen einen hochrangigen Banker befragte, warum gewisse Fonds bankintern nur als "shitty Deal", als "ScheißGeschäft" bezeichnet und dennoch immer weiter verkauft wurden.

Der Banker windet sich. Es entsteht indes keine Kontroverse. Scheiße versteht ja jeder. Nur: Ein Staat kann pleite sein, er kann schlechtes Wetter haben und scheußliches Essen. Er bleibt ein Staat. Und der ist alles - nur nie Ramsch.

Insofern steckt im Ramschniveau ein unzulässiges pars pro toto, die Verwechslung einer Facette mit dem Ganzen. Dass diese Facette zum Synonym fürs Ganze werden konnte, ist Kern jenes Problems, unter dem nicht nur die Finanzwelt leidet. Was also wussten die Grimms schon von unserer Finanzkrise?

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