Süddeutsche Zeitung

Phrasenmäher:Gesendet von

Anfangs galt man als Angeber, wenn unter einer Mail stand: "Gesendet von meinem Iphone." Huch, was bin ich mondän. Dann wurde es irgendwann peinlich. Und heute? Gilt diese Nachricht als Entschuldigung. Aber für was?

Von Nicolas Freund

An Smartphones hat sich in den letzten 13 Jahren viel verändert, gleich geblieben ist aber bei den meisten Geräten die mit den Werkseinstellungen voreingestellte Signatur für E-Mails: "Gesendet von meinem ..." iPhone, Samsung Galaxy, je nachdem, welches Gerät man sich gegönnt hat. Anfangs galt als Angeber, wer diese Signatur nicht sofort eliminierte, denn sie wirkte - obwohl die meisten Nutzer wahrscheinlich nicht diese Absicht hatten -, als wollte der Absender unmissverständlich klarmachen, dass er oder sie nun stolzer Besitzer eines Smartphones sei. Und dass diese Mail deshalb wahrscheinlich nicht am Schreibtisch, sondern auf dem Sofa getippt worden sei. Oder gar von unterwegs, wie man das mit einem Smartphone eben macht. Wer diese Signatur verschickte, zeigte sich nicht nur als Smartphone-Besitzer, sondern auch als mobiler E-Mail-Schreiber, also mondäner als viele andere.

Was die neuen Geräte auf eine solche Signatur kondensiert versprachen, wurde aber schnell eine große Peinlichkeit. Denn sehr bald war die offensive Mitteilung des Besitzes eines Smartphones nicht mehr angeberisch, sondern einfach gar nicht mehr mitteilungswürdig. Für die jüngere Generation sowieso, die bis heute als eine der ersten Einrichtungshandlungen an neuen Smartphones diese Signatur löscht oder - um dem Individualisierungsdruck gerecht zu werden - in "Gesendet aus einer Telefonzelle" oder "Gesendet von meiner Olivetti Lettera 22" änderte. Die ältere Generation steht dagegen ungerechtfertigt noch immer unter dem Verdacht, womöglich nicht zu wissen, wie sich die Signatur ändern lässt.

Gut, dass sich die Wahrnehmung der Signatur von angeberisch über peinlich schon wieder geändert hat. Seit einiger Zeit wird sie als eine Art Entschuldigung für Tippfehler und den Einsatz von Emojis auch in offiziellen Kontexten angesehen. Mancher setzt die Signatur inzwischen sogar gezielt ein - als vorauseilende Entschuldigung für etwaige Fehler. Damit hat diese unveränderliche Signatur in ihrer ganzen sprachlichen Schlichtheit vielleicht doch schon mehr Veränderungen durchgemacht als die meisten anderen Bestandteile eines Smartphones.

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Quelle:
SZ vom 13.03.2020
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