Süddeutsche Zeitung

Nachruf auf Pharoah Sanders:Spirituelle Tiefen im Jazz

Der Saxofonist Pharoah Sanders ist gestorben. Zusammen mit John Coltrane entwickelte er die ersten Formen des Free Jazz - und schuf den wohl einzigen Hit des Genres.

Von Andrian Kreye

Pharoah Sanders ist gestorben. Der Saxofonist war in den Sechzigerjahren eine der Schlüsselfiguren in der Avantgarde-Phase des Modern Jazz. Wie sein Label Luaka Bop mitteilte, starb der Musiker im Beisein seiner Familie in Los Angeles.

An der Seite von John Coltrane entwickelte Sanders die ersten Formen des Free Jazz. Nach Coltranes Tod arbeitete der Saxofonist mit dessen Witwe Alice Coltrane weiter. Die beiden fanden vor allem in der Spiritualität und Musik afrikanischer und asiatischer Religionen Inspiration, weswegen ihre gemeinsamen Alben als Geburt des Spiritual Jazz galten.

Für sein Album "Karma" komponierte Sanders dann 1969 das Stück "The Creator has a Masterplan", auf dem der Sänger Leon Thomas eine Art gejodeltes Gebet sang, und das zum wohl einzigen Hit des Free Jazz wurde. Louis Armstrong spielte das mit Thomas nochmal in einer Orchesterversion ein. Und in den Londoner Clubs wurde das zum Standard.

Zeit seines Lebens behielt er die brachialen Stilmittel Free Jazz wie das Überblasen, die Urschrei-Effekte und die Klangwände bei. Auch wenn er in den Achtzigerjahren zu eher konventionellen Formen zurückfand. 2021 hatte er dann gemeinsam mit dem Londoner Electro-Musiker und DJ Floating Points und dem London Symphony Orchestra einen unerwarteten Altershit. Die meditative, neunteilige Suite "Promises" war im zweiten Pandemie-Jahr genau die Sorte Musik mit spirituellem Tiefgang und emotionalem Hoffnungsfunken, die eine gebeutelte Menschheit brauchte. Nun ist Pharoah Sanders am 24. September mit 81 Jahren gestorben. Ein ausführlicher Nachruf folgt.

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