Süddeutsche Zeitung

"Pets" im Kino:Kaum ist Frauchen aus dem Haus ...

... plündern Chloe, Max und ihre Freunde den Kühlschrank oder lassen sich vom Mixer kraulen. "Pets" ist eine animalische Hommage ans glitzernde New York.

Filmkritik von Martina Knoben

Das Paradies besteht aus Wiener Würstchen. Nicht ein oder zwei Paar, sondern Tausende warten nur darauf, gefressen oder als Sitzmöbel missbraucht zu werden. Es ist die wildeste Hundefantasie, die in "Pets " animierte Wirklichkeit wird. Da landen die beiden Helden des Films, der süße Terriermischling Max und der zottelige Neufundländer Duke, in einer Wienerle-Fabrik. Und die unzähligen Würstchen, die hier auf Förderbändern herumsausen, formen sich zu Mustern in einer Musical-Sequenz, die von der Tanzfilmlegende Busby Berkeley choreografiert sein könnte.

Was machen Hunde, Katzen, Meerschweinchen oder Vögel, wenn ihre Herr- und Frauchen nicht daheim sind? Nach dem Vorbild von "Toy Story" malen Chris Renaud und Yarrow Cheney das geheime Leben und die Fantasien unserer Haustiere in den buntesten Farben aus. Der ziemlich geniale Trailer zum Film hatte schon einige dieser Aktivitäten offengelegt. Da lässt sich etwa ein Dackel vom Küchenmixer seines Herrchens den Rücken kraulen. Eine Katze plündert den Kühlschrank und ein piekfeiner Königspudel namens Leonard wechselt in der Sekunde, in der sein Besitzer aus der Tür ist, das Musikprogramm: Er legt Hardrock statt Klassik auf.

Regisseur Chris Renaud kommt vom Comic, er arbeitete für die Superheldenverlage DC und Marvel. Vermutlich hat ihn auch der Rhythmus des Comics geprägt - die Pointen kommen in "Pets" Schlag auf Schlag. Auch die Lust des Comic am Herumalbern, am anarchischen Spaß will Renaud fortführen. Er war schon beim Schöpfen der gelben "Minions" beteiligt: Regie führte er unter anderem bei den beiden "Ich - Einfach unverbesserlich"-Filmen. Sein Ko-Regisseur Yarrow Cheney war dort ebenfalls im Team, damals noch als Produktionsdesigner. Alle Filme wurden bei Illumination Entertainment produziert und der verrückte Geist dieses Hauses prägt nun auch "Pets".

Dass die Tiere so lässig sind, hat wohl auch damit zu tun, dass sie in New York leben - es sind eben Großstadtviecher. Nur Max ist gar nicht cool. Statt wie die anderen Haustiere ein Privatleben zu pflegen, fiebert der kleine Terriermischling jeden Tag einfach der Rückkehr seines Frauchens Katie entgegen. Wenn Katie und er zusammen auf der Feuertreppe sitzen, Pizza essen und die Skyline von Manhattan betrachten, fühlt sich Max im siebten Hundehimmel. Die Macher des Films schwärmen in solchen Szenen von einem New York, wie man es in vielen Filmen sieht und zitieren einige von ihnen, darunter natürlich auch die Bankszene an der Queensboro Bridge aus Woody Allens "Manhattan".

Heimlicher König der Stadt ist ein alter Basset - Didi Hallervorden

Max' perfektes Hundeleben wird allerdings erschüttert, als Katie Duke aus dem Tierheim mitbringt. Duke ist groß und ungezogen. Er macht sich in Max' Körbchen breit, frisst ihm sein Futter weg, vor allem aber muss nun Katies Liebe mit ihm geteilt werden. Das geht gar nicht!

Aber dann geraten die beiden in die Hände von Hundefängern, und es folgt ein klassisches Buddy-Movie, in dem die Hunde von einer Verfolgungsjagd zur nächsten hetzen, kreuz und quer durch die City.

"Pets" hat keine Altersbeschränkung, ist zwischendurch allerdings so hektisch und überdreht, bis an die Grenze zur Hysterie, dass er durchaus noch sensible Achtjährige überfordern kann. Max und Duke haben es außerdem mit unheimlichen Gegnern zu tun. Sie werden von einer Guerillatruppe verfolgt. Die "weggeworfenen Haustiere" ("flushed pets" in der Originalfassung) wurden von ihren Besitzern verstoßen und wollen sich deshalb an den Menschen rächen. Sie leben in der Kanalisation, wirken ziemlich irre und können Kindern durchaus Angst machen.

Dass die Animationstiere so menschlich wirken, verdanken sie ihren Sprechern. In der deutschen Fassung sind das die "Tatort"-Ermittler Jan Josef Liefers und Dietmar Bär als Max und Duke. Auch die Nebenrollen sind prominent besetzt. Mario Barth spricht einen Mops, der mit weltverbesserischem Eifer Eichhörnchen vor seinem Fenster verjagt. Und der deutsche Youtube-Star LeFloid ist als vergessliches Meerschweinchen besetzt worden - was sehr gut zu seiner Stimmlage passt. Besonders cool schließlich ist Pops, ein alter Basset und heimlicher König der Stadt, der die heißesten Partys veranstaltet und jeden Schleichweg in Manhattan kennt. Ihn spricht Dieter Hallervorden.

Leider sind die liebevoll entworfenen Figuren den Machern am Ende gar nicht mehr so wichtig. Und auch der tolle Rhythmus, den der Film am Anfang hatte, droht vor lauter Hektik schließlich verloren zu gehen. Das ist das Kreuz mit den Großstädtern: Immerzu sind sie im Stress.

The Secret Life of Pets, USA 2016 - Regie: Chris Renaud, Yarrow Cheney. Buch: Cinco Paul, Ken Daurio, Brian Lynch. Sprecher: Jan Josef Liefers, Dietmar Bär, Fahri Yardim, Jella Haase, Stefanie Heinzmann, Uwe Ochsenknecht, Martina Hill, Dieter Hallervorden, Frederick Lau, Mario Barth, LeFloid. Universal, 87 Minuten.

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SZ vom 29.07.2016/cag
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