Süddeutsche Zeitung

Literaturnobelpreis:Schwedische Akademie verteidigt Entscheidung für Peter Handke

Lesezeit: 1 min

Nach der nicht abreißenden Kritik an der Vergabe des Literaturnobelpreises für Peter Handke haben Mitglieder der Schwedischen Akademie ihre Entscheidung verteidigt. "Die Schwedische Akademie hatte natürlich nicht die Absicht, einen Kriegstreiber und Leugner von Kriegsverbrechen oder Völkermord auszuzeichnen", schrieb der Ständige Sekretär der Akademie, Mats Malm, in der Zeitung Dagens Nyheter.

In dem 1996 veröffentlichten Reisebericht "Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien" stelle Handke "das Massaker in Srebrenica nicht in Frage", erklärte Malm. Die Akademie habe auch keine Belege dafür gefunden, dass Handke mit der Teilnahme an der Beerdigung des jugoslawischen Ex-Diktators Slobodan Milošević dem Blutvergießen Tribut gezollt, ein Monster verehrt oder Kriegsverbrechen geleugnet habe.

Auch ein Juror, der schwedische Übersetzer Henrik Petersen, der ein externes Mitglied des Nobelpreis-Komitees für Literatur ist, äußerte sich zu der Entscheidung für Handke. In einer Stellungnahme, die Spiegel Online am Abend veröffentlichte, erklärt Peterson, Handke sei ein radikal unpolitischer Autor, dessen Werk eine ideologiekritische, ethisch fragende Haltung präge.

Handkes Äußerungen zum Jugoslawienkrieg sieht dagegen auch Petersen kritisch. "In der Balkanfrage", heißt es, "vollführte Handke eine Art politisches Kamikazemanöver, vermutlich in vollem Bewusstsein über die Risiken." Handkes Kritik an der deutschen und österreichischen Berichterstattung über den Krieg sei "prekär" und "plump" gewesen, ein Kriegshetzer sei er deswegen aber nicht. In fünfzig Jahren, so Petersens Fazit, werde Handke zu den selbstverständlichsten Preisträgern gehören, die die Schwedische Akademie je ausgezeichnet habe.

Handke stand im Balkan-Konflikt auf der Seite Serbiens und hielt 2006 bei Slobodan Miloševićs Beerdigung eine Rede. Die Verleihung des Nobelpreises 2019 an Handke, die vergangene Woche bekannt gegeben wurde, stieß weltweit auf ein geteiltes Echo. Unter anderem kritisierte der Autor Saša Stanišić, der 1992 aus Bosnien nach Deutschland fliehen musste, die proserbische Haltung Handkes bei seiner Dankesrede für den Deutschen Buchpreis scharf.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4645766
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/luch
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.