Personalien:Berliner Gerüchte

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Die Volksbühne, der berühmte Theaterbunker am Rosa-Luxemburg-Platz, wird von einer Interims-Intendanz geleitet. Spekulationen machen die Runde: Wer wird übernehmen? Armin Petras? Kay Voges? Constanza Macras? Oder doch René Pollesch?

Von Peter Laudenbach

Ein Interview mit dem Dortmunder Intendanten Kay Voges hat die Spekulationen über die Zukunft der Berliner Volksbühne neu befeuert. Die Nähe des von Kay Voges entwickelten Video-Internet-Pop-Theaters zur Ästhetik der früheren Volksbühnen-Größen Frank Castorf und Christoph Schlingensief (dessen einstiger Kameramann Voxi Bärenklau jetzt mit Voges arbeitet), ist nicht zu übersehen. Nach seinem Erfolg in Dortmund hat sich Voges für die Leitung eines größeren Hauses qualifiziert. Im Interview mit der Berliner Zeitung sagt der Regisseur, dass er nicht in Verhandlungen mit Berlins Kultursenator Lederer (Linke) stehe: "Ich glaube nicht, dass ich den Intendantenjob erben werde. Mit mir hat Lederer jedenfalls nicht geredet." Gleichzeitig macht er der Volksbühne eine Liebeserklärung nach der anderen und lädt den Senator ein, zumindest über ihn nachzudenken: "Lederer kann mich noch anrufen."

So wird das Interview zum Bewerbungsschreiben. Auch ein anderer Regisseur und Ex-Intendant ist als Kandidat für den "Theaterbunker am Rosa-Luxemburg-Platz im Gespräch: Armin Petras. Fragt man ihn ganz allgemein, ob er sich vorstellen könne, in Berlin ein Haus zu leiten, entwickelt er als Gedankenspiel ein sympathisch radikales Projekt: "Wenn ich noch mal selber ein Haus leite, egal ob allein oder mit anderen zusammen, dann würde mich dabei das Unterschiedliche an sich interessieren. Also nicht die Kirche des Heutigen und dessen, was eben so angesagt ist, sondern extrem verschiedene Ästhetiken, aber auch Forschung, search and destroy, und Spartengrenzen einfach wegzuhauen."

Nach ihrer hinreißenden Volksbühnen-Inszenierung "Palast", bisher fast die einzige künstlerisch überzeugende Neuproduktion der Interimsintendanz Klaus Dörrs, ist auch Constanza Macras eine naheliegende Kandidatin für die Leitung des Hauses. Ihr Tanztheater bewegt sich in seiner ästhetischen Radikalität, dem Interesse an weniger vornehmen Sozialmilieus und der politischen Wachheit auf der Höhe der Castorf-Ära. Der Wunschkandidat vieler Volksbühnen-Verehrer hält sich bedeckt: René Pollesch schweigt. Sollte sich der gefragteste Regisseur des Landes für eine Intendanz interessieren und würde es dem Kultursenator gelingen, mit ihm und für ihn eine tragfähige Struktur mit einem loyalen Verwaltungsdirektor und einem professionellen Leitungsteam zusammenzustellen - es wäre ein Coup.

© SZ vom 23.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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