Spielfilm über Percy Schmeiser:Bauer gegen Goliath

Spielfilm über Percy Schmeiser: Traditionelle Landwirtschaft steckt ihm schon in den Genen: Christopher Walken als Percy Schmeiser.

Traditionelle Landwirtschaft steckt ihm schon in den Genen: Christopher Walken als Percy Schmeiser.

(Foto: Mongrel Media/PVM Productions)

Christopher Walken spielt in "Percy" einen Saatgut-Züchter, der sich mit dem Konzern Monsanto anlegt. Der Film basiert auf einer wahren Geschichte.

Von Martina Knoben

Percy Schmeiser - was für ein Name das denn sei, das klinge doch wie eine Biermarke: Schmeiser Bier, alkoholfrei. So schimpft der Chef der Öko-Organisation, die eine Crowdfunding-Kampagne für Schmeiser organisieren soll, aber nicht nur den Namen ungeeignet findet. Die Kampagne sei sinnlos, Schmeiser habe keine Chance. Der Großkonzern Monsanto hatte Schmeiser verklagt, weil der Rapsbauer ohne Lizenz dessen genmanipuliertes und patentiertes Saatgut auf seinen Feldern ausgebracht haben soll. Statt die Strafe für die Verletzung des Patentrechts zu zahlen, will Schmeiser die Sache vor Gericht bringen.

Es ist die alte Geschichte von David gegen Goliath, die der Kinofilm "Percy" erzählt, und wie solche Kämpfe ausgehen, im Kino und in der Bibel, ist bekannt. In der Wirklichkeit gehen die Geschichten meistens anders aus - "Percy" aber beruht auf einem wahren Fall.

Percy Schmeiser wurde zur Symbolfigur der Anti-Gentechnikbewegung und zum Vorbild für viele unabhängige Landwirte, nachdem der Bauer aus der kanadischen Provinz Saskatchewan sich im Streit durch alle juristischen Instanzen gegen Monsanto behauptet hatte. Für sein Engagement erhielt er 2007 den Alternativen Nobelpreis. 2009 erzählte Bertram Verhaag Schmeisers Geschichte in der Dokumentation "David gegen Monsato".

Der Bauer hasst öffentliche Auftritte, selbst das Foto für den Führerschein ist ihm zu viel

Im Spielfilm von Clark Johnson verkörpert Oscar-Preisträger Christopher Walken den Monsanto-Bezwinger: knorrig einsilbig, konservativ integer, ein bäuerlicher Archetypus, wie von August Sander fotografiert. Schmeisers Erbgut wurde zwar nicht von Biochemikern entwickelt, als Sohn, Enkel und Urenkel von Bauern aber scheint er eine schon genetisch verankerte Resistenz gegenüber Einflüssen aller Art zu besitzen. Er tut, was er für richtig hält für sich, seine Familie und seine Farm, auch wenn ihm sein Anwalt (Zach Braff) nachdrücklich zum Vergleich mit Monsanto rät und seine Nachbarn ihn nun einen "Saatgut-Dieb" nennen. Wenn Schmeiser zu Anfang des Films mitten im Choral aufsteht und den Gottesdienst verlässt, weil ein Unwetter aufzieht und er seinen Raps einholen will, ist gleich klar, wo die Prioritäten liegen. Sein Saatgut züchtet er selbst. An Gen-Raps ist er nicht interessiert.

Regisseur Clark Johnson, der selbst als Schauspieler gearbeitet und außerdem bei diversen populären TV-Serien wie "Homeland" Regie geführt hat, inszeniert Schmeisers Story so zurückhaltend solide, wie es zu seinem bodenständigen Helden passt. Christopher Walken leiht Schmeiser seine Autorität und sein Charisma, dabei schwingt allerdings auch die Getriebenheit von Walkens früheren Filmfiguren mit. Schmeisers Starrsinn und seine Verbundenheit mit der Scholle könnte man ja auch kritisch sehen. Aber die Sympathien des Films liegen klar bei den Landleuten, einmal hängt Schmeiser einen Monsanto-Spitzel ab, indem er ihn mit seinem Wagen in eine tiefe Schlammpfütze lockt, wo das Auto stecken bleibt. Das ist die Rache der Provinz an der Stadt.

Inhaltlich trägt der Film wenig zu den Debatten bei, an die er anknüpft. Ist Gentechnik ein Mittel gegen den Hunger in der Welt? Darf es ein Patentrecht auf Leben geben? Und ist die Abhängigkeit der Landwirte von Großkonzernen wie Monsanto eine Fortführung der Leibeigenschaft, vor der Schmeisers Vorfahren aus der Alten Welt geflohen waren?

Spielfilm über Percy Schmeiser: Hyperaktiv mit wenig Skrupeln: Christina Ricci als Öffentlichkeitsarbeiterin Rebecca Salcau im Dienst der grünen, gentechnikfreien Sache.

Hyperaktiv mit wenig Skrupeln: Christina Ricci als Öffentlichkeitsarbeiterin Rebecca Salcau im Dienst der grünen, gentechnikfreien Sache.

(Foto: PVM Productions/Mongrel Media)

Solche Fragen klingen an, werden aber nicht vertieft. Für diejenigen, die sich mit den ethischen, juristischen oder ökonomischen Streitfragen rund um die industrielle Landwirtschaft wenig beschäftigt haben, kann "Percy" aber ein Einstieg sein. Nicht zuletzt spielt das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat eine wichtige Rolle. Monsanto hatte das Herbizid seit den Siebzigerjahren unter dem Namen Roundup vertrieben, es tötet alle Pflanzen ab mit Ausnahme derjenigen, die eine gentechnische Resistenz gegen das Gift in sich tragen. Eben solche "Roundup-Ready"-Rapspflanzen wurden auf Schmeisers Feld gefunden. Wie er zu den genmanipulierten Pflanzen kam? Die Samen müssen, so legt es Schmeiser vor Gericht dar, vom Wind aus einem benachbarten Feld herübergeweht worden oder aus einem beschädigten Sack mit Saatgut auf seinen Feldern gelandet sein, die "Kontaminierung" hat er angeblich nicht bemerkt (in der Realität war der Fall komplizierter).

Die Städter sind natürlich fast alle hyperaktive Idioten, die in der Schlammpfütze landen

Dass die Welt von Schmeisers Fall erfährt, ist (wenigstens im Film) Rebecca, einer Aktivistin für ökologische Landwirtschaft, zu verdanken, die Christina Ricci als wenig skrupulöse, etwas nervig hyperaktive Öffentlichkeitsarbeiterin im Dienst der guten Sache spielt. Ihre Organisation will Schmeisers Fall zum Präzedenzfall machen. Dass der Landwirt im Fall einer juristischen Niederlage bankrott wäre, nimmt sie in Kauf. Schmeiser, der nie in die Öffentlichkeit wollte ("als er ein Foto für seinen Führerschein brauchte, war das schon zu viel Rampenlicht für ihn", sagt seine Frau) wird auf Vorträge im ganzen Land geschickt, schließlich sogar nach Indien.

Die Botschaft, die der Film vermitteln will, formuliert Schmeiser auf den diversen Podien praktischerweise gleich selbst. Dass "Percy" darüber hinaus auch als Film funktioniert, liegt an den hervorragenden Darstellern, einer guten Kamera und vielen hübschen Drehbucheinfällen. Oft geht es dabei um den Culture Clash von Stadt und Land, der Begegnung der Bodenständig-Verwurzelten mit denen, die in jeder Hinsicht mobil und oft hyperaktiv sind. Als etwa Rebecca mit Percy und dessen Frau in deren Provinz-Diner isst, stellt sie bei der Bestellung nervige Fragen zu Zutaten und Zubereitung (wie die Fritten frittiert würden - Antwort: in der Friteuse), woraufhin Rebecca irgendwann bemerkt, sie fühle sich wie in "Fargo". Gemeint ist natürlich der Film und dessen Spielort - Fargo als Inbegriff des hinterwäldlerischen Nests. Percys Frau aber ist ein bisschen stolz. Fargo? Da sei sie schon mal gewesen.

Percy Vs Goliath, Kanada 2020 - Regie: Clark Johnson. Buch: Garfield Lindsay Miller, Hilary Pryor. Kamera: Luc Montpellier. Mit: Christopher Walken, Christina Ricci, Zach Braff, Roberta Maxwell, Luke Kirby. Verleih: MFA, 99 Minuten.

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