Penns Roman "Bob Honey":Sean ganz schön trashig

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Sean Penn hat seinen ersten Roman geschrieben: "Bob Honey Who Just Do Stuff". (Foto: Taylor Jewell/AP)

Schamhaarperücken, ein verhasster Präsident und ein Hammer-Mörder: Bei einer Lesung aus seinem ersten Roman spricht Sean Penn über seine Begegnung mit El Chapo und Saufgelage mit Charles Bukowski.

Von Beate Wild, Austin

Wenigstens die Szene mit der Schamhaarperücke bleibt hängen beim Leser. Wenn auch nicht so, wie Sean Penn sich das vermutlich vorgestellt hat. Bob Honey, der Protagonist seines Romans "Bob Honey Who Just Do Stuff", hat Sex mit der jungen Annie, die komplett haarlos ist. Bob ist begeistert ("what a magical vagina"), wünscht sich aber "mehr Vietnam". Beim nächsten Mal, verspricht ihm Annie also, wird sie eine Schamhaarperücke tragen. Doch wer danach googelt, sieht schnell, dass aufklebbares Kunsthaar im Genitalbereich keine ästhetische Offenbarung ist.

Penn, der Schauspieler und zweifache Oscar-Preisträger ist gelangweilt von der Schauspielerei und macht nun auf Schriftsteller. Sein Buch ist, kurz gesagt, ein gewaltiges Durcheinander an Sexfantasien, Mordgelüsten und Langeweile. Protagonist Bob ist ein Mittfünfziger aus Südkalifornien - Ähnlichkeiten zum 57-jährigen Penn aus Santa Monica sind nicht zu übersehen. Handlung? Gibt es eigentlich keine. Penns Prosa ist eine wütende und ungeordnete Replik auf den Zustand der Welt, konkreter auf den Zustand Amerikas.

Der Leser fragt sich: Was soll das alles? Erst als Penn, der auf seiner Lesetour auch in Austin, Texas, vorbeikommt, von Charles Bukowski erzählt, wird klar, wer sein schriftstellerisches Vorbild ist. "Es hat mich wirklich umgehauen, dass jemand so schreiben kann", sagt er über Bukowski. Zehn Jahre lang hat Penn jeden Sonntag mit ihm gesoffen. Er war nicht nur Fan, sondern auch Kumpel des großen Autors und noch größeren Säufers.

"El Chapo hat mich eingeladen"

"Bob Honey" kam zunächst 2016 als Hörbuch heraus. Als Pseudonym benutzte Penn damals den Namen Pappy Pariah. Für den Roman, der in der vergangenen Woche erschienen ist, hat er die Handlung nun ausgeweitet, auch wenn das Büchlein immer noch dünn ist - sowohl vom Umfang her, als auch vom Inhalt.

Bob hat dubiose Verbindungen zu südamerikanischen Drogenbossen, fährt nach Bagdad und schließlich mit seinem Pontiac über New Orleans nach Miami. Klischee, olé! Seine mollige, rothaarige Ex-Frau geht Bob gewaltig auf die Nerven, weil sie mit einem bimmelnden Eiswagen durch sein Viertel kurvt. Beim Meditieren schläft Bob schon mal ein, während - oder vielleicht auch weil - im Fernsehen AnnenMayKantereit, "a German rock band" läuft. Vor allem aber hat Bob ein düsteres Hobby: Er ermordet regelmäßig ältere Mitbürger mit einem Hammer. Sein Motiv: Sie können mit dem modernen Zeitgeist nicht mithalten und ihr ökologischer Fußabdruck ist zu groß.

Außer den Alten, die Bob erschlägt, treffen Penns literarische Wutausbrüche Werbe-Fuzzis, Waffenbesitzer, Hollywood und die #MeToo-Bewegung. Eine Figur, Fletcher, erinnert stark an den mexikanischen Drogenkönig El Chapo, den Penn bekanntermaßen irgendwo in seinem Versteck im Dschungel getroffen hat und darüber einen Artikel im "Rolling Stone" veröffentlichte. Über die Begegnung sagt Penn: "Ich habe ihn nicht gesucht wie ein Detektiv, er hat mich einfach eingeladen." Und: "Ich wollte, dass sich bei der Diskussion um Drogen mal die Perspektive hin zu den Konsumenten verschiebt." Wie er das im Gespräch mit einem kriminellen Drogenboss erreichen wollte, bleibt sein Geheimnis.

Penn, der aussieht und sich anhört, als hätte er in der Nacht zuvor eine bukowskineske Party gefeiert, kommt bei seiner Lesung in Austin ins Plaudern. Mit tiefer, heiserer Stimme erzählt er vom U2-Konzert, auf dem er zusammen mit Bukowski war (Bukowski kannte U2 vorher nicht und hatte noch nie eine so große Menschenmenge gesehen; Bono, ebenfalls ein großer Bukowski-Fan, widmete dem Schriftsteller einen Song; und am Ende des Abends musste Penn Bukowski nach Hause tragen, weil der so betrunken war).

Er erzählt von seinem Besuch mit Marlon Brando bei Gabriel García Marquez in Mexico City, als sie ein Buch von ihm verfilmen wollten ("Er lehnte ab und ich hörte beim Hinausgehen das Wort 'Gringo'"). Und von jenem Abend in Havanna, als er Fidel Castro kennenlernte (García Marquez hat die beiden miteinander bekannt gemacht).

Penns Anekdoten sind jedenfalls spannender als seine Prosa. Aber um fair zu sein: "Bob Honey" legt es natürlich darauf an, zu schockieren. Mit den Beatniks (wie Jack Kerouac, Allen Ginsberg oder William S. Burroughs) sowie Hunter S. Thompson ("einer meiner Lieblingsautoren") im Hinterkopf bringt Penn aufs Papier, was viele Amerikaner derzeit fühlen: Dass, was in ihrem Land passiert, schon lange nichts mehr mit Vernunft zu tun hat und dass die gesellschaftlichen Entwicklungen sie in den Wahnsinn treiben.

"Tweet mir, du Miststück"

Dann kommt auch noch Donald Trump vor. Oder vielmehr ein namenloser Präsident, den er so beschreibt: "Ein aufgedunsener, blonder Hohepriester und Pfau seiner Marke" und "ein gewalttätiger, unreifer 70 Jahre alter Junge mit Geld und einem Haar wie vanillefarbene Baumwolle". Gegen Ende des Buches schreibt Bob dem fiktiven US-Präsidenten, den er als "the landlord" bezeichnet, einen Brief. Darin kommt so ziemlich alles vor, was man mit Trump in Verbindung bringt: Russland, alternative Fakten, die Waffenlobby NRA, die "mickrige Amtseinführung".

Weil der Hass offenbar so groß ist, droht Bob dem Präsidenten auch noch mit Ermordung. "Wir sind eine Nation mit dringendem Bedürfnis nach einem Attentäter", schreibt er. Und endet mit: "Sir, ich fordere dich zum Duell heraus. Schreib mir bei Twitter, du Miststück. Du traust dich ja nicht!"

Das Schreiben sei für ihn eine neue Erfahrung gewesen, sagt Penn. Großartig schon deshalb, weil er sich nicht an den Zeitplan von anderen halten musste. "Ich habe ja alles diktiert, weil mein Verstand schneller ist als meine Finger. Außerdem konnte ich dabei rauchen", erklärt er seinen Arbeitsprozess. Nach einem Monat sei die erste Fassung des Buches fertig gewesen. Zum Überarbeiten habe er dann zwei Jahre gebraucht.

Dass sein Roman nicht bei allen gut ankommt, weiß er. Mit Blick auf die teilweise verheerenden Kritiken sagt er lachend: "Mein Buch wird ja noch besser bewertet als mein Leben." Doch von Verrissen lässt sich ein Sean Penn nicht einkriegen. "Es hat mir so viel Freude bereitet, ich schreibe auf jeden Fall noch ein weiteres."

Nach den vielen unterhaltsamen Anekdoten aus seinem Leben möchte man ihm statt zu einem weiteren Roman unbedingt zu einer Autobiografie raten.

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