Paulus-Grab: Untersuchung der Knochen:Zehn Gramm Gewissheit

Purpurfarbener Stoff mit Goldpailetten: Die Funde im Paulus-Grab lassen vermuten, dass hier eine wichtige Persönlichkeit lag. Bisher wissen die Forscher aber nur, wie alt sie - oder er - ist.

Hubert Filser

Knochenreste, Körner roten Weihrauchs, ein purpurfarbener Stoff mit Goldpailletten und blaues Gewebe aus Leinenfasern - die Dinge, die im Steinsarkophag gefunden wurden, waren allesamt perfekt erhalten. Und weil das so war, wussten die Archäologen in Rom, dass sie das Alter der sterblichen Überreste des Apostels Paulus würden relativ genau ermitteln können. Mit Hilfe der sogenannten C-14-Methode bestimmten sie den Todeszeitpunkt auf das erste oder zweite Jahrhundert nach Christus. Dies passt zum Tod des Märtyrers um 67 nach Christus.

Paulus-Grab: Untersuchung der Knochen: Das Grab unter der Basilika San Paolo fuori le Mura wird dem Apostel Paulus zugeordnet. Die darin gefundenen Knochen und Überreste menschlicher Kleidung gelten als Sensation.

Das Grab unter der Basilika San Paolo fuori le Mura wird dem Apostel Paulus zugeordnet. Die darin gefundenen Knochen und Überreste menschlicher Kleidung gelten als Sensation.

(Foto: Foto: dpa)

Für die C-14-Altersbestimmung brauchen die Archäologen entweder Stoffreste oder Knochenstücke, auch ein Stück getrockneter Haut des Toten eignet sich für die Datierung. Etwa zehn Gramm Knochen, also etwa ein Fingerknochen, reichen aus, um die Konzentration eines bestimmten Kohlenstoff-Isotops in organischen Materialien zu messen. Dieser Kohlenstoff C-14 ist - im Gegensatz zum normalen Kohlenstoff C-12 - radioaktiv. Mit dem Zeitpunkt des Todes kann ein Organismus keinen Kohlenstoff mehr aus der Atmosphäre aufnehmen, und der im Körper vorhandene beginnt dann langsam zu zerfallen. Das lässt sich exakt messen. Es ist, als würde mit dem Todeszeitpunkt eine Art innere Uhr ablaufen.

Mit dieser Technik lässt sich das Alter von organischen Materialien der vergangenen 50 000 Jahre bestimmen, vorausgesetzt, man kennt im erdgeschichtlichen Kontext die Konzentration, mit der Lebewesen oder Pflanzen das Kohlenstoff-Isotop aufgenommen haben. Probleme bereiten den Archäologen allerdings die Vergleichskurven. Die Forscher müssen wissen, wie hoch der Kohlenstoffanteil im Lauf der Jahrzehntausende war. Jahrtausende alte Bäume liefern hier verlässliche Daten. Das bei der Knochenprobe von Paulus angegebene Zeitintervall von zwei Jahrhunderten sei realistisch, bestätigt C-14-Experte Bernhard Weninger vom Kölner Labor für Radiokarbondatierung. Genauer lasse sich das Alter nicht eingrenzen.

Die Gebeine des Toten

Damit ist aber erst einmal nur klar, wie alt der Leichnam im Grab ist. Ob es sich wirklich um die sterblichen Überreste von Paulus handelt, ist noch nicht restlos belegt. Die Gebeine des Toten könnten durchaus ausgetauscht worden sein, schließlich hat es im Lauf der Jahrhunderte einen regen Handel mit den Gebeinen von Heiligen gegeben.

Also müssen die Archäologen nun nach weiteren Indizien suchen. So legt beispielsweise die Art der Kleidung nahe, dass es sich um eine wichtige Persönlichkeit gehandelt habe, dies würde zu Paulus passen.

Da der Sarkophag in der Basilika bisher nicht geöffnet worden ist, konnten Anthropologen das Geschlecht des Toten noch nicht bestimmen. Dies geschieht über Merkmale wie Beckenbau oder Form des Unterkiefers. Männer haben zum Beispiel in der Regel spitzer zulaufende Kiefer als Frauen. Auch Krankheiten oder Haltungsschäden lassen sich ermitteln. Vor allem die Zähne und bestimmte Abnutzungserscheinungen an Wirbeln geben sehr genauen Aufschluss über Alter und gesundheitliche Probleme.

Tauchen dann in historischen Quellen entsprechende Hinweise auf, lässt sich genauer eingrenzen, ob der Tote im Grab tatsächlich Paulus war. Nach der Öffnung des Grabes wird man also noch mehr Sicherheit über den Apostel und seine letzte Ruhestätte haben.

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