Literatur:Die bekannt finstere Persönlichkeit

Portrait of Patricia Highsmith le 17 octobre 1989 Locarno Switzerland AUFNAHMEDATUM GESCHÄTZT P

Die US-amerikanische Schriftstellerin Patricia Highsmith 1989 in ihrer Wahlheimat Locarno.

(Foto: imago/Leemage)
  • Im Diogenes Verlag erscheinen anlässlich des 100. Geburtstags der US-amerikanischen Schriftstellerin Patricia Highsmith Tagebücher aus ihrem Nachlass.
  • Die privaten Aufzeichnungen geben Aufschluss über misogyne, antisemitische und rassistische Züge der Autorin.
  • Diese Seite ihrer Persönlichkeit ist zwar nicht unbekannt, dennoch werden sich neue Diskussionen über das Verhältnis von Werk und Autor entspinnen.

Von Marie Schmidt

Neuer Stoff für Debatten über das Verhältnis von Werk und Autor: Zu ihrem hundertsten Geburtstag im Jahr 2021 werden Tagebücher aus dem Nachlass von Patricia Highsmith veröffentlicht. Es wird also tiefere Einblicke in die bekannt finstere Persönlichkeit der Autorin geben, etwa auch in ihre antisemitischen Ressentiments.

Wobei die über 8000 Seiten mit Notizen, die man nach Highsmiths Tod 1995 in einem Wäscheschrank gefunden hat, und die nun im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern liegen, zuvor schon gelesen worden sind. Unter anderem von der amerikanischen Schriftstellerin Joan Schenkar, deren Biografie "The Talented Miss Highsmith" 2009 zu entnehmen war, wie Patricia Highsmith als junge Frau mit ihrer Homosexualität kämpfte. Wie sie etwa durch eine Therapie versuchte, "sich in die Verfassung zu bringen, heiraten zu können". Ihre privaten Aufzeichnungen geben Aufschluss über Beziehungen mit Männern wie Frauen und ihre auch misogynen Züge.

"Kein Schriftsteller würde sein verborgenes Leben preisgeben"

Ihre Invektiven gegen das, was sie sich als jüdischen Einfluss in der Welt vorstellte, sind aus Biografien so bekannt, wie ihre Abneigung gegen Schwarze. Die Herausgeberin der Tagebücher Anna von Planta, Lektorin des Zürcher Diogenes Verlags, dessen früherer Verleger Daniel Keel Highsmiths literarischer Nachlassverwalter war, sagte jetzt der New York Times, man wolle diese Aspekte in der Ausgabe nicht camouflieren. Es gelte die Tagebücher zu studieren, um die biografischen Ursprünge von Highsmiths Antisemitismus zu finden.

Die Tagebücher werden im Herbst 2021 auf Deutsch im Diogenes Verlag erscheinen, sowie in den USA beim Norton-Imprint Liveright. Es handelt sich genau genommen um zwei Reihen von Notizbüchern: In den einen entwarf Highsmith die Handlungen ihrer Romane und dachte übers Schreiben nach, in den anderen notierte sie Privates. Wobei Joan Schenkar schon darauf hingewiesen hat, dass Highsmith auch in ihren intimen Notizen fälschte und fingierte, wie es ihr passend erschien. Wie die Autorin die Publikation ihrer Tagebücher bewertet hätte, bleibt zu überlegen: "Kein Schriftsteller würde sein verborgenes Leben preisgeben", schrieb sie 1940, "es wäre wie nackt in der Öffentlichkeit stehen". Mit dem Interesse der Nachwelt hat sie aber wohl gerechnet und Anweisungen zur Bearbeitung ihrer Notizbücher hinterlassen.

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