Party:Seeschlacht bei Fackelschein

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Ein Maskentreiben und doch kein Fasching: Das Fest in Schloss Schleißheim soll mehr sein. (Foto: Paul Eschbach)

Ein "Churbayerisches Freudenfest" in Schloss Schleißheim lässt die barocke Welt zur Zeit des "Blauen Königs" Maximilian II. Emanuel wiedererstehen

Von Udo Watter

Die beiden Bronzestatuen von Graf Tilly und Fürst Wrede, die in der Feldherrnhalle am Odeonsplatz stehen, sollen spottlustige Münchner zu dem Bonmot inspiriert haben: "Der eine war kein Bayer, und der andere kein Feldherr". Ja, für seine glorreiche Kriegshelden ist das lange sehr bäuerliche Land am Alpenrand nun wirklich nicht bekannt. Kurfürst Maximilian II. Emanuel, von den Türken wegen seiner blauen Uniformjacke respektvoll der "Blaue König" genannt, war indes eine schillernde Ausnahme. Auf dem Schlachtfeld erlebte er ruhmvolle Siege und krachende Niederlagen und war auch sonst sehr illuster: Der Wittelsbacher (1662 bis 1726) gilt als Inkarnation eines Barockherrschers mit allen Stärken und Schwächen. Als ehrgeiziger Repräsentant der Wittelsbacher Dynastie war er zugleich "ein Meister der theatralischen Selbstinszenierung", wie der Historiker und Experimentalarchäologe Marcus Junkelmann erklärt, der eine neue Biografie über ihn verfasst hat.

Die Triumphe, Katastrophen und Schulden von damals sind passé, geblieben aber ist ein Erbe, das sich besonders glanzvoll in den Schlössern Nymphenburg und Schleißheim widerspiegelt, die Bayern im wesentlichen dem Bauherrn Max Emanuel verdankt. Im Neuen Schloss Schleißheim wird am Samstag ein "Churbayerisches Freudenfest" zelebriert, das die barocke Welt zur Zeit des "Blauen Königs" wiedererstehen lässt. Konzipiert wurde es von Junkelmann, der als Kind in Schloss Lustheim am Ostrand des Schleißheimer Parks aufwuchs. Er setzt als Initiator auf eine Kombination, die von größtmöglicher Authentizität geprägt sein soll: Musik, Theater, Tanz, Reiterspiele, kulinarische Spezialitäten aus dem 18. Jahrhundert und Feuerwerk verschmelzen quasi zum großen historischem Theater in angemessenem Ambiente. "Darauf lege ich großen Wert. Wir wollen hier keinen historisch kostümierten Fasching", sagt er. So erklingt unter Leitung von Michael Eberth, Dozent für Historische Aufführungspraxis an der Münchner Musikhochschule, die Turnierkantate "Von der lieblichen Isar her" des Hofkomponisten Pietro Torri von 1718 - nach 300 Jahren wird sie erstmals wieder als Ballett aufgeführt. Die bayerischen Farben Weiß und Blau, kostümiert als Narzissen und Hyazinthen, treten gegeneinander an. Den tänzerischen Teil übernimmt die Gruppe "La Danza" unter Leitung der Tanzhistorikerin Jadwiga Nowaczek. Zudem spielen die "Wittelsbacher Turmpfeiffer" volkstümliche Musik, die Gräflich Schönburgische Schlosscompagnie inszeniert ein Kinderballett. Sehenswert dürfte auch der Auftritt der Reiter im Schlosspark sein. Mitglieder der Gruppe "Timetrotter" zeigen in Uniformen der kurbayerischen Gardekavallerie höfische Reiterspiele, zudem militärische Übungen. Gondeln und eine Jolle fahren auf den Kanälen. Und am Abend, bei Fackelschein, entfaltet sich eine weitere theatralische Inszenierung: eine venezianische Regatta mündet in eine "Seeschlacht" um eine Inselfestung, es folgt ein Feuerwerk an der Kaskade, wobei Musketen- und Kanonenfeuer, Pauken und Trompeten das Spektakel akustisch untermalen.

Explosionen aromatischer Natur erwarten die Besucher eventuell im Erdgeschoss des Schlosses: dort werden am Buffet Speisen und Getränke nach Rezepten der Barockzeit angeboten - von der "Festsuppe des Barock", der Olla Potrida, über Boeuf à la mode bis zu Rezepten, die mit dem damals berühmten Schleißheimer Käs' auf "Parmasan-Art" zubereitet werden.

Kleine Vorläufer des "Churbayerischen Freudenfestes" gab es bereits, die Veranstaltung heuer soll nun eine Tradition begründen und sich künftig über ein Wochenende erstrecken. Junkelmann stellt am Samstag auch seine Biografie über Max Emanuel vor. "Obwohl er zum Größenwahn neigte, darf man ihn nicht unterschätzen", sagt er über den als "kurfürstlicher Bankrotteur" geschmähten Wittelsbacher, "er hatte auch einen genialischen Touch."

Churbayerisches Freudenfest ; Sa., 29. Sept., Beginn 16 Uhr, Oberschleißheim, Infos unter www.churbayerisches-freudenfest.de

© SZ vom 28.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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