Parallelen zwischen "Guernica" und Kinofilm:Von Leinwand zu Leinwand

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Picassos Gemälde "Guernica" soll Anleihen aus einem Kinofilm enthalten. Dies behauptet nun ein Filmexperte. Die These ist spannend, auch wegen Picassos persönlicher Verbindung zum Film.

Picassos berühmtes Anti-Kriegs-Gemälde Guernica birgt viele Geheimnisse. Es entstand unter dem Eindruck des Bombardements der gleichnamigen Kleinstadt durch die NS-Luftwaffe. Ein Experte meint nun, Picasso ließ sich auch von einem Kinofilm inspirieren.

Nach Ansicht von José Luis Alcaine deutet einiges darauf hin. Der spanische Kino- und Foto-Experte deckte in einer Studie eine Reihe von Übereinstimmungen zwischen dem monumentalen Kunstwerk und einer Filmszene auf. Wie die Madrider Zeitung El País am Freitag berichtete, stamme die Sequenz aus dem US-Filmdrama A Farewell to Arms (deutsch: In einem anderen Land) von Frank Borzage.

Der Film sei in der Zeit, in der Picasso sein Guernica malte, in den Kinos gelaufen. In einer Szene zeige er flüchtende Menschen, die aus der Luft bombardiert würden. Zahlreiche Einstellungen, die in der Sequenz zu sehen sind, weisen nach Ansicht des Experten eine verblüffende Ähnlichkeit mit einzelnen Bestandteilen des Picasso-Gemäldes auf. Alcaine verweist zum Beispiel auf die - im Film gezeigte - Hand eines Toten, die auf dem Gemälde in der linken unteren Ecke zu erkennen sei. Auch eine im Film auftretende Frau mit einem Kind im Arm sowie die gezeigten Pferde und Gänse tauchten in dem Gemälde auf.

Auffällige Ähnlichkeiten? Entscheiden Sie selbst und sehen Sie hier die Infografik von El País zu den Übereinstimmungen (Link)

Die Bedeutung der einzelnen Figuren auf dem Picasso-Kunstwerk ist bis heute ziemlich mysteriös, denn der Meister hatte sich zu der Symbolik nie äußern wollen. "Picasso hat den Film damals mit Sicherheit gesehen", sagte Alcaine der Zeitung. Der Film aus dem Jahr 1932 sei in Paris 1933 angelaufen und im Jahr 1937, als der Künstler in der französischen Hauptstadt im Auftrag der spanischen Regierung Guernica malte, dort noch immer in den Kinos gezeigt worden. Picasso sei ein leidenschaftlicher Kinogänger gewesen und habe ein persönliches Interesse an dem Streifen gehabt: Das Drehbuch zu "In einem anderen Land" basierte auf dem gleichnamigen Roman von Ernest Hemingway, mit dem der Maler befreundet war.

Das Anti-Kriegs-Gemälde entstand nach der Bombardierung der baskischen Kleinstadt Guernica (baskisch: Gernika) durch Flugzeuge des Hitler-Regimes. Bei dem Angriff der "Legion Condor" wurden fast 80 Prozent der Gebäude zerstört, zwischen 300 und 1500 Menschen getötet. Die Zahl der Opfer konnte nie genau festgestellt werden, weil damals auch Tausende von Flüchtlingen in der Stadt lebten.

Weitere Hinweise in der Szenerie

Das Bombardement hatte am helllichten Tag stattgefunden. Das Picasso-Gemälde zeigt dagegen eine nächtliche Szenerie. Auch die Sequenz in dem Borzage-Film spiele in der Nacht, betonte der Experte. "Außerdem zeigt das Gemälde eine deutliche Bewegung von rechts nach links. In der Filmszene flüchten die Menschen in dieselbe Richtung", sagte Alcaine.

Guernica ist in Madrid im Königin-Sofía-Museum zu sehen. Das Gemälde kam am 10. September vor 30 Jahren in die spanische Hauptstadt. Es war zuvor in New York ausgestellt gewesen. Picasso hatte verfügt, dass das Werk erst nach dem Ende der Franco-Diktatur (1939-1975) und der Rückkehr Spaniens zur Demokratie in sein Heimatland gebracht werden durfte.

© sueddeutsche.de/dpa/caja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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