Panama Papers:Staatsanwalt beschlagnahmt Modigliani-Gemälde

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Das Bild galt lange als verschollen: "Sitzender Mann (aufgestützt auf einen Stock)" von Modigliani (Foto: Peter Hoffmann)

Das von den Nazis geraubte Bild wurde mit Hilfe einer Briefkastenfirma versteckt. Nach den Enthüllungen durch die Panama Papers haben Schweizer Ermittler zugeschlagen.

Schweizer Staatsanwälte haben ein Gemälde Amedeo Modiglianis im Freeport von Genf beschlagnahmt. Dies teilte ein Sprecher der Genfer Staatsanwaltschaft mit. Dem vorausgegangen war eine Recherche eines internationalen Journalistenteams, darunter Reporter der Süddeutschen Zeitung. Demnach lagerte im Freeport Modiglianis Porträt eines sitzenden Mannes, das dem jüdischen Kunstsammler Oscar Stettiner von den Nazis geraubt worden war.

Der Enkel Stettiners hatte die Kunstsammlerfamilie Nahmad in den USA auf Herausgabe verklagt. Doch die Familie hielt dagegen, das Gemälde sei im Besitz der panamaischen Firma International Art Center S.A. Die Recherche der Journalisten in den Panama Papers zeigte nun, dass diese Firma offenbar Davide Nahmad gehört.

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Das Bild von Modigliani wird bis heute vor seinem rechtmäßigen Eigentümer versteckt - mithilfe einer Briefkastenfirma. Aber vielleicht nicht mehr lange.

Der italienische Künstler Modigliani hat das Werk "Sitzender Mann" um 1918 in Paris gemalt. 1930 wurde es auf der Biennale in Venedig gezeigt. Während der Nazi-Herrschaft wurde es dem jüdischen Kunsthändler und Sammler Oscar Stettiner geraubt und kurz vor der Befreiung von Paris zwangsversteigert. Es dürfte heute einen zweistelligen Millionenbetrag wert sein.

Stettiners Enkel, der Franzose Philippe Maestracci, versucht seit Jahren, das Bild zurückzubekommen. Er hat in den USA unter anderem gegen mehrere Mitglieder der Familie Nahmad geklagt. Die Nahmads, die Galerien in New York und London besitzen, gehören zu den Großen des Kunsthandels. Allein von Picasso sollen die Nahmads Werke im Wert von etwa einer Milliarde Euro besitzen.

Das Bild wurde seit Jahren im Genfer Freeport vermutet. Nun fragt sich, was die Verantwortlichen des Freeports davon wussten. In dem Zollfreilager können Waren zoll- und steuerfrei aufbewahrt werden, solange sie den Freeport nicht verlassen. Insbesondere Kunstsammler schätzen dies. So schrieb die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte in ihrem Bericht "Kunst und Finanzen" 2014, dass ein Drittel der Kunstsammler und Kunsthändler, die sie betreuen, schon einmal einen Freeport genutzt habe.

Im Fall von Modiglianis "Sitzendem Mann" steht nun die Firma Rodolphe Haller im Mittelpunkt. Das Unternehmen ist aus einer Transportfirma entstanden und heute einer der größten Mieter des Genfer Freeports, eine Art stiller Diener der Kunstwelt. In einem der Räume von Rodolphe Haller soll auch der umstrittene Modigliani gelagert worden sein. Im Rechtsstreit des Erben von Stettiner gegen die Nahmad-Familie, der seit 2011 amerikanische Gerichte beschäftigt, hatte Rodolphe Haller bestätigt, dass der Modigliani der Briefkastenfirma International Art Center gehöre. Dass dahinter offenbar Davide Nahmad steht, wurde allerdings mit keinem Wort erwähnt.

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