Zwischen zerschmetterten Glasvitrinen und einer toten Taube führt der Parcours durch einen mit Brettern vernagelten Saal zu einem Pausenraum. Alte Zeitungsausschnitte über spektakuläre Documenta-Aktionen dekorieren diesen akribisch inszenierten Reliquienschrein der Arbeiterklasse ebenso wie volle Aschenbecher, tote Yuccapalmen und ein Schäferhundporträt, gemalt von Adolf Hitler.
Auch die Hausmeisterwohnung rekapituliert die Volkskunde der Gemütlichkeit mit Plüschsesseln, Dürers Kaninchen, Spruchweisheiten, einem Fernseher, auf dem das 74er-WM-Finale läuft, und verstaubten Goetheschillershakespeare-Best-of-Ausgaben. Nur ist durch die Wohnung eine graue Mauer gezogen, die auch Bett, Küche und Badewanne teilt. Hier stößt man nun buchstäblich mit dem Kopf an die Metapher für ein geteiltes Land: ein Bild, das der Schweizer Künstler Christoph Büchel durch den ganzen Museumsbau spielt.
Büchel ist in den vergangenen Jahren durch Inszenierungen berühmt geworden, die Denk- und Erlebnis-Routinen mit frechen Aktionen abrupt unterbrechen. In Salzburg führte er ein Bürgerbegehren gegen zeitgenössische Kunst zum Erfolg, in Hannover fror er das Equipment einer Punkband nach ihrem Konzert ein, in Kopenhagen komponierte er eine "Dritte Welt" aus Sweatshop, Porno, Recycling und informeller Wirtschaft, und in Zürich verwandte er sein Budget dazu, einen Scheck über diese Summe in den Ausstellungsräumen zu verstecken.
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