Oscars:Zeit für Veränderungen

Die Präsidentin der US-Filmakademie Cheryl Boone Isaacs entschuldigt sich für die mangelnde Vielfalt bei den Oscars. Mal wieder sind hauptsächlich weiße Männer nominiert. Sie selbst ist: erstens eine Frau und zweitens schwarz.

Von David Steinitz

Nun gibt es also einen Brief, und zwar von einer Frau, die man gerade wirklich nicht um ihren Job beneidet. Cheryl Boone Isaacs, Präsidentin der altehrwürdigen amerikanischen Filmakademie, die vor allem dafür berühmt ist, dass sie die Oscars verleiht, verschickte am Montagabend eine Erklärung, in der sie sich für eben diese Oscars entschuldigt.

Das Problem: Unter den diesjährigen Nominierten für die glamouröse Preisverleihung am 28. Februar in Los Angeles sind hauptsächlich weiße Männer - mal wieder. Es ist schon seit Jahren ein heiß diskutiertes Problem, dass kaum Frauen für wichtige Kategorien wie Regie oder Drehbuch nominiert werden. Außerdem sind 2016 zum zweiten Mal in Folge in den gesamten Darsteller-Kategorien nur weiße Schauspielerinnen und Schauspieler nominiert. Und das, obwohl im Vorfeld gerade schwarzen Schauspielern wie Michael B. Jordan ("Creed"), Idris Elba ("Beasts of No Nation") oder der Darsteller-Crew des Hip-Hop-Dramas "Straight Outta Compton" große Chancen eingeräumt wurden.

Für Präsidentin Boone Isaacs, die erstens eine Frau und zweitens schwarz ist, sind diese Nominierungen peinlich. Denn sie hat ihren Job als erste schwarze Frau an der Spitze der amerikanischen Filmakademie 2013 mit dem Wunsch angetreten, die Vielfalt in der Academy und damit bei der Oscarverleihung, über deren Gewinner ihre Mitglieder abstimmen, zu mehren.

Seit die Nominierungen für den wichtigsten Filmpreis der Welt am vergangenen Donnerstag verkündet wurden, wird im Netz wild gegen die Academy und ihre hauptsächlich weißen, männlichen und alten Mitglieder polemisiert. Trotzdem schwieg die Akademie zu den Proteststürmen. Dann aber hatten sich am Montag, an dem in den USA der Geburtstag des ermordeten schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King gefeiert wurde, prominente schwarze Filmemacher zu Wort gemeldet. Der Regisseur Spike Lee rief auf Instagram zum Boykott der Oscars auf. Dann wetterte er gegen die amerikanische Filmindustrie, die der Ursprung allen Übels sei, weil Schwarze dort stets benachteiligt würden.

Auch die Schauspielerin Jada Pinkett Smith, deren Mann Will Smith für sein Ärztedrama "Erschütternde Wahrheit" als Oscar-Kandidat gehandelt, aber nicht nominiert wurde, rief zum Boykott auf: "Um Anerkennung zu betteln oder auch nur darum zu bitten, mindert Würde und Macht", verkündete sie auf Facebook. Selbst der schwarze Schauspieler Chris Rock spielte in einem Twitter-Kommentar auf die wenig vielfältigen Oscarnominierungen an - und Rock ist immerhin der designierte Moderator, der durch die bevorstehende 88. Verleihung der Academy Awards führen soll.

Deshalb sah sich die Akademiepräsidentin Boone Isaacs nun wohl doch noch genötigt, öffentlich zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. In ihrem Brief lobt sie die herausragenden Leistungen aller Filmemacher, die es auf die Nominierungsliste geschafft haben, schreibt aber auch: "Ich bin tieftraurig und frustriert über den Mangel an Inklusion. Dies ist eine schwierige, aber wichtige Debatte, und es ist Zeit für große Veränderungen. In den kommenden Tagen und Wochen werden wir unser Verfahren für die Aufnahme neuer Mitglieder überprüfen, um künftig mehr Diversität in den Reihen der Academy zu schaffen. Wie viele von Ihnen wissen, haben wir in den vergangenen vier Jahren bereits viel dafür getan, aber der Wandel stellt sich leider nicht so schnell ein, wie wir uns das wünschen. Wir müssen mehr machen, und zwar besser und schneller".

Wie diese Maßnahmen konkret aussehen sollen und ob sie tatsächlich etwas verändern, wird sich aber frühestens bei den Oscars 2017 zeigen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: