Oscar-Preisträger Spike Lee:Unermüdlicher Kämpfer gegen Rassismus

91st Annual Academy Awards - Show

Oscar-Verleihung 2019. Preisträger Spike Lee bei seiner furiosen Dankesrede.

(Foto: AFP)
  • Spike Lee erhält den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch seines Films "BlacKkKlansman".
  • Seine Dankesrede macht er zu einem leidenschaftlichen Vortrag über die Geschichte der Afroamerikaner in den USA.
  • Lee, der als Begründer des "New Black Cinema" gilt, kämpft mit seinen Filmen seit mehr als 30 Jahren gegen Rassismus.

Von Paul Katzenberger

Als bei den Oscars vor vier Jahren das Biopic "Selma" über den Bürgerrechtler Martin Luther King zwar in der Kategorie Bester Film nominiert war, aber David Oyelowo nicht als Bester Hauptdarsteller, war die Empörung groß. Denn seine Darstellung von King löste bei vielen Kritikern Beifallsstürme aus. Es stand die Frage im Raum, ob die Entscheider im amerikanischen Filmgeschäft noch immer nicht bereit sind, sich zu einem schwarzen Protagonisten zu bekennen.

Als nun Spike Lee am Sonntag auf die Bühne des Dolby Theatres gebeten wurde, um den Oscar für das Beste adaptierte Drehbuch seines Filmes "BlacKkKlansman" in Empfang zu nehmen, nutzte er den Auftritt, um Oyelowo wenigstens ein bisschen zu rehabilitieren. Denn er ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, seine Dankesrede zu einem leidenschaftlichen Vortrag über die Geschichte der Afroamerikaner in den USA zu machen: "Es gehört zur Ironie der Geschichte, dass wir heute den 24. des Monats Februar schreiben, also des kürzesten Monats im Jahr, der ausgerechnet auch 'Black History Month' ist", sagte Lee. Er wolle vor der ganzen Welt seine Vorfahren ehren, die das Land 400 Jahre lang mit aufgebaut hätten, obwohl an ihnen ein Genozid verübt worden sei.

Und er dankte seiner Großmutter, die selbst noch Tochter eines Sklaven war. 50 Jahre lang habe sie gespart, um Spike Lee das College zu ermöglichen. Eine aus Lees Sicht folgerichtige Danksagung im Moment des größten Triumphs: Hätte ihr Geld nicht seinen Abschluss an der Tisch School of the Arts der New York University ermöglicht, hätte er wohl weder den Oscar gewonnen noch so öffentlichkeitswirksam gegen Rassismus kämpfen können wie an diesem Abend.

Der Rassismus, dem Schwarze in den USA bis heute ausgesetzt sind, ist Lees Lebensthema. 1986 gelang ihm mit seinem Spielfilmdebüt "She's Gotta Have It" (deutscher Titel "Nola Darling") der Durchbruch: Die Komödie über eine attraktive, selbstbewusste Afroamerikanerin in Brooklyn, die sich vergeblich bemüht, drei grundverschiedene Liebhaber in ihrem Leben unterzubringen, kostete nur 175 000 US-Dollar, spielte aber mehr als sieben Millionen Dollar ein. Kritiker lobten nicht nur Lees Drehbuch und Regie, sondern auch seinen Filmauftritt als Rapper (einer der drei Verehrer).

Entdecker von Denzel Washington und Halle Berry

"She's Gotta Have It" sollte zur Initialzündung des so genannten "New Black Cinema" werden, einer Bewegung afroamerikanischer Filmemacher, die sich vom - aus ihrer Sicht rassistischen - Mainstream-Kino absetzen wollte. Lee nahm hierbei eine Schlüsselrolle ein, da er auch anderen schwarzen Regisseuren und Schauspielern die Türen öffnete. So gilt er zum Beispiel als Entdecker späterer Hollywood-Stars wie Denzel Washington und Halle Berry.

Schon ab seinem zweiten Film "School Daze" von 1988 standen Lee deutlich größere Budgets zur Verfügung, die er nutzte, um die verschiedenen Aspekte der Rassendiskriminierung zu beleuchten. Die Tragikomödie "Do the Right Thing" von 1989 über die Spannungen zwischen Weißen und Schwarzen an einem drückend heißen Tag in Brooklyn löste in den USA heftige Kontroversen aus und brachte Lee den Vorwurf ein, Rassenunruhen zu provozieren.

Auch sein Biopic "Malcolm X" von 1992 mit Denzel Washington in der Titelrolle des afroamerikanischen Bürgerrechtlers, der 1965 in Harlem ermordet wurde, provozierte heftige Debatten. Der Regisseur musste sich die Frage gefallen lassen, ob er dem widersprüchlichen Malcolm X gerecht geworden sei, der vielen jungen Afroamerikanern als Vorbild galt, anderen jedoch als gefährlicher und gewalttätiger Separatist vorkam.

Bei BlacKkKlansman wieder ganz bei sich selbst

Die ganzen Neunzigerjahre über handelten Lees Filme von den Problemen der Schwarzen, doch dann löste er sich etwas von dem Thema. Der Krimi "Summer of Sam" von 1999 war als erster seiner Filme nicht primär in der schwarzen Community angesiedelt, sondern eine Geschichte um Freundschaft und Verrat, Moral und Grenzüberschreitungen im italoamerikanischen Milieu New Yorks.

Dem Rassismus-Thema blieb Lee in der Folge mit Filmen wie "Inside Man" von 2006 trotzdem verbunden, auch wenn er sich nun offener für andere Themen und Genres zeigte. In dem Thriller "Oldboy" von 2013 tritt etwa Josh Brolin als Rächer auf, der herausfinden will, wer ihn grundlos in Gefangenschaft gehalten hat.

Bei BlacKkKlansman war Lee nun wieder ganz bei sich selbst als Aktivist für die Rechte der Schwarzen. Der Krimi handelt von der wahren Geschichte eines schwarzen Polizisten, der es in den Siebzigerjahren schafft, telefonisch in den Ku-Klux-Klan aufgenommen zu werden. Es ist nur eine kleine Episode in der langen und ereignisreichen Geschichte der Afroamerikaner, doch Lee hat aus dem irrwitzigen Coup einen Film gemacht, der ihm nun seinen ersten Academy Award im Wettbewerb eingebracht hat, nachdem er 2016 schon einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk bekam. Wie schon seine Dankesrede zeigte, wird es ihm ein Ansporn sein, weiter gegen den Rassismus anzutreten.

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