Oscar-Live-Ticker:Die Krönung für Scorsese und "Das Leben der Anderen"

In Hollywood hat es mal wieder Oscars gehagelt: Für den deutschen Film "Das Leben der Anderen", für "The Queen" Helen Mirren und endlich für Martin Scorsese. sueddeutsche.de war die ganze Zeit mit dem Live-Ticker dabei.

Christian Kortmann

1.00 Uhr

Sind Sie Friseur? Oder Studentin? Können Sie nicht schlafen? Haben Sie sich als Filmfan einfach mal außer der Reihe den Montag frei genommen, um die ganze Nacht lang die Oscar-Verleihung zu verfolgen? Oder arbeiten Sie auch gerade? In jedem Fall sind Sie hier ganz richtig: Im Oscar-Live-Ticker auf sueddeutsche.de kucken, schreiben und lesen wir uns gemeinsam durch die Oscar-Nacht. Viel Spaß dabei!

1.08 Uhr

In Pro 7 läuft noch das Ende von "Das Schweigen der Lämmer": Jodie Foster im Psychopathen-Keller, Nachtsichtgerät, Schüsse uiuiui. Da müssen sie sich im Kodak Theatre gleich aber anstrengen, damit's noch spannender wird.

1.20 Uhr

Kleines Fake-Experten-Interview mit mir selbst

Frage: Was erwartet uns in dieser Nacht?

Antwort: Nun, wir freuen und vor allem auf eine trocken-sarkastische Moderation von Ellen DeGeneres. Dann gibt es ein Freie-Wildbahn-Comeback von Céline Dion, die aus dem Rentner-Poker-Weiße-Löwen-Ghetto Las Vegas entlassen wurde. Und daran erkennen Sie schon den unschätzbaren Vorteil eines Live-Tickers gegenüber einer Fernsehübertragung: Denn auf dem Live-Ticker von sueddeutsche.de werden Sie den Song von Céline Dion nicht hören.

1.36 Uhr

Ach ja, Oscars werden auch verliehen. Hier die Favoriten der User-Umfrage von imdb.com, der populärsten Filmdatenbank des Netzes: Bester Film: The Departed (49% der Stimmen) Bester Schauspieler: Forest Whitaker (49%) Beste Schauspielerin: Helen Mirren (56%) Bester Regisseur: Martin Scorsese (73%) Bester fremdsprachiger Film: El Laberinto del Fauno (67%; Das Leben der Anderen liegt mit 9% auf Platz 3) Mal sehen, wie aussagekräftig das Votum der Filmfans für die Oscars ist.

2.00 Uhr

Red Carpet Talk

Florian Henckel von Donnersmarck grüßt vom roten Teppich vor dem Kodak Theatre ins Familienschloss auf den Wolfsberg und seinen Vater im Krankenhaus: nette Geste. Helen Mirren sagt, sie habe in "The Queen" die Königin in jeder Lebensphase als Kind gespielt: das ist gut, manchmal sieht man ja in alten Menschen das Kind, das sie mal waren - und umgekehrt. "It's bigger than life, it's hard to stay calm", sagt Céline Dion und dass sie für Ennio Morricone singen wird: Weiß der arme Mann schon, was da auf ihn zukommt? Jennifer Lopez trägt ein Klunker-Klunker-Walle-Walle-Kleid; Meryl Streep zeigt sich schwarz in Prada; Queen Latifah fühlt sich super-relaxed.

2.19 Uhr

Mehr roter Teppich: Penélope Cruz sieht toll aus heute Abend, Gianni Versace hat ihr aus dem Himmel einen Flokati-Wirbelsturm um den Körper gelegt. Höre gerade zum ersten Mal Eddie Murphys tiefe und ruhige Originalstimme: Wieso quakt er auf Deutsch wie eine Ente? Cate Blanchett: schöne Frau mit sehr schöner Stimme.

2.33 Uhr

Alles klar vor den Computern und Fernsehgeräten? Habe Pink Floyd aufgelegt: "Hello, hello, is there anybody out there?" Unverzichtbar für die "mother of all award shows" (Helen Mirren) ist es, mit ausreichend Verpflegung ausgestattet zu sein. Gut, ich habe leicht reden, schließlich hat mir die Chefredaktion ein kleines Buffet aufbauen lassen, mit genug Champagner und Kaviar-Blinis - es soll nicht zu schwer im Magen liegen, ich muss ja locker durchschreiben from dusk till dawn.

2.49 Uhr

Ellen DeGeneres on stage: Die Moderatorin trägt einen weinroten Anzug, weißes Hemd, weiße Schuhe. Souverän steigt sie in den größten Auftritt ein, den ein Entertainer haben kann. Sie empfiehlt den Gewinnern, in ihren Dankesreden nicht zu langweilen, sondern lieber etwas Interessantes zu erfinden, etwa dass man in der Bronx aufgewachsen sei oder in seinem Auto lebe. Ein erster politischer Moment, als Ellen Al Gore als einstigen Gewinner der Präsidentschaftswahl begrüßt. Und der erste Oscar-Gewinner ist da: Er geht an Eugenio Caballero und Pilar Revuelta für die Best Art Direction in "Pan's Labyrinth".

3.00 Uhr

Grüße an den Leser "Juules" in die chinesische Provinz und eine Frage: Sind dort alle Websites aufrufbar? Was den Rhythmus angeht: Schneller geht es nicht, denn die Oscars sind eine zähe Gala-Nummer, im Minutentakt von die Nerven peinigender Werbung unterbrochen. In den vergangenen Jahren bin ich immer kurz vor den Hauptpreisen erschöpft ins Bett gegangen, heute muss ich da durch. Hier der nächste Oscar, für Make-Up, auch an "Pan's Labyrinth", David Marti und Montse Ribe.

3.03 Uhr

Oscar für den besten Animated Short Film: "The Danish Poet" von Torill Kove.

3.07 Uhr

Oscar für den besten Live Action Film: "West Bank Story" von Ari Sandel.

3.19 Uhr

"Sound editing is very much like sex: It's almost done alone, at night, and surrounded by electronic gadgets", sagt der Komiker Steve Carrell und übergibt den Oscar für Best Sound Editing an Alan Robert Murray and Bub Asman: Der erste Oscar für Clint Eastwoods Film "Letters from Iwo Jima". Der Oscar für Best Sound Mixing geht an "Dreamgirls", konkret an die Herren Michael Minkler, Bob Beemer und Willie Burton.

3.29 Uhr

Oscar für den Best Supporting Actor an Alan Arkin, für seine Rolle in "Little Miss Sunshine": Die ersten, wenn auch erstickten, Freudentränen des Abends.

3.25 Uhr

Mensch, die gibt es auch noch: Melissa Etheridge singt "I need to wake up".

3.40 Uhr

Al Gore und Leonardo DiCaprio auf der Bühne. Leo fragt Al, ob er nicht irgendwas ankündigen wolle, eine Kandidatur oder so. Dann kommt eine geballte Ladung Green Glamour: Die Oscars seien jetzt grün und unterstützten offiziell die Rettung der Welt, sagt DiCaprio. Dann wird ja alles gut.

3.47 Uhr

Cameron Diaz, sehr gebräunt in weißem Kleid, übergibt den Oscar für den Best Animated Film an einen Mann mit einem sehr weißen Schal: George Miller, Regisseur von "Happy Feet".

3.55 Uhr

Jetzt machen Helen Mirren und Tom Hanks, was sie auf dem Foto oben geübt haben: Sie gehen zusammen auf die Bühne und verleihen den Oscar für die beste Drehbuch-Adaption an William Monahan: Erster Oscar für Scorseses "The Departed. Nebenbei interessant, dass auch "Borat" nominiert war: Wie sieht denn wohl Baron Cohens Drehbuch aus?

Die Krönung für Scorsese und "Das Leben der Anderen"

4.05 Uhr

jennifer lopez

Klunker-Klunker-Walle-Walle.

(Foto: Foto: Reuters)

Anne Hathaway spielt von der Bühne herab noch einmal ihr Master-and-Servant-Verhältnis mit Meryl Streep aus "Der Teufel trägt Prada". Der grandiosen Streep genügt das Heben einer Augenbraue, um sich wieder in die schreckensherrschaftliche Miranda zu verwandeln. Unvergesslich ihr "That's all", mit dem sie im Film ihre Domestiken entlässt. Oscar für die besten Kostüme an "Marie Antoinette". Milena Canonero dankt Stanley Kubrick, ihrem "great master".

4.17 Uhr

Das so genannte Web 2.0 grüßt die Oscars: Ellen ist jetzt ganz in Weiß gekleidet. Sie geht zu Clint Eastwood und bittet Steven Spielberg, ein Foto von ihr und Clint für ihre MySpace-Seite zu machen. Dann kommt Gwyneth Paltrow, einstige Oscar-Scream-Queen, redet von Handyvideos und YouTube und überreicht den Oscar für die beste Kamera an Guillermo Navarro, "Pan's Labyrinth".

4.24 Uhr

Robert Downey jr. macht Witze über seine Drogenprobleme in den 90er-Jahren, in denen er permanent Spezialeffekte sah. Dann reichen er und Naomi Watts den Oscar für Best Visual Effects an John Knoll, Hal Hickel, Charles Gibson und Allen Hall weiter, die ihn für "Pirates of the Caribbean: Dead Man's Chest" erhalten.

4.30 Uhr

Florian Henckel von Donnersmarck gewinnt den Oscar für den Besten fremdsprachigen Film, "Das Leben der Anderen". Er dankt Bayern, Deutschland, seiner Frau und Schwarzenegger.

4.38 Uhr

"I was just backstage with Al Gore and Jick Nicholson, drinking, and I don't think, he's running for president": Mit diesen Worten betritt ein pomadig gescheitelter George Clooney die Bühne und verleiht den Oscar für die Beste Nebendarstellerin an Jennifer Hudson, "Dreamgirls". Es folgt die erste tränenreiche Auflösungserscheinung des Abends. Am Ende gute Laune und "God bless you all!"

4.53 Uhr

Oscar für Best Documentary Short Subject an "The Blood of Yingzhou District" von Ruby Yang und Thomas Lennon.Dann kommt Jerry Seinfeld und demonstriert in einer kleinen Nummer seine Extraklassezeigt: Die fünf nominierten Besten Dokumentarfilme kündigt er als "incredibly depressing movies" an. "An Inconvenient Truth" gewinnt den Oscar. Davis Guggenheim und Al Gore bedanken sich: "Wir müssen das Weltklima retten" sagt Gore, "das ist keine politische Frage, sondern eine moralische." Dann kommt auch schon Morricone-Showdown-Musik. Klingt an sich gut, lässt nur leider den baldigen Céline-Dion-Auftritt befürchten.

5.04 Uhr

Zu Dion habe ich mal eine Werbepause eingeschoben. Morricone hält jetzt eine wunderbare Dankesrede für seinen Ehren-Oscar auf Italienisch und Clint Eastwood übersetzt simultan ins Englische: So was lernt man, wenn man Italo-Western dreht "Questo premio è anche per lei", sagt Morricone und hält die Goldstatuette in Richtung seiner Frau Maria. Beim Ehren-Oscar wird keine Runterschmeißermusik eingespielt, Morricone darf so lange reden wie er will.

5.12 Uhr

Der Oscar für die beste Filmmusik geht an "Babel". Kein Wunder, dass sich Penelope Cruz beim Preis-Überreichen so freut: Wie Komponist Gustavo Santaolalla erklärt, ist das ja auch ein Oscar "para todos latinos".

5.17 Uhr

Oscar für das beste Originaldrehbuch für Michael Arndt und "Little Miss Sunshine".

5.26 Uhr

Showteil vor den fetten Oscars. Das verlangt nach gewaltigen Stimmen: Beyoncé und ihre Dreamgirls röhren nach Leibeskräften.

5.35 Uhr

Melissa Etheridge: Das große Comeback der Oscar-Nacht. Sie gewinnt den Preis für den Best Original Song: "I Need To Wake Up" aus "An Inconvenient Truth". Ein anderer großer Gewinner ist Al Gore, bei dem auch Etheridge sich bedankt. Gore ist sozusagen Chef der Hollywood-APO: Man blickt zu ihm auf und unterstützt seine politischen Ziele. Und sie wollen ihn unbedingt auch als richtigen Präsidenten nach Washington schicken.

5.45 Uhr

Wir nähern uns den Hauptkategorien: Kate Winslet öffnet den Umschlag und verliest den Gewinner des Oscar für den Besten Schnitt: Thelma Schoonmaker, "The Departed". "Working with Marty is like being in the best film school in the world", sagt die Geehrte. Das Martin-Scorsese-bei-der-Oscar-Verleihung-Gefühl dürfte auch nicht schlecht sein: bequem im Fauteuil zu sitzen und sich solche Sätze über sich anzuhören.

5.56 Uhr

Wer bekommt ihn, den Oscar für die beste Hauptdarstellerin? Die schon gepriesene Streep oder die favorisierte Helen Mirren? Kate Winslet oder La Cruz? Oder Judi Dench, die die Zeremonie zu Hause vorm Fernseher verfolgt? - "The Queen" Helen Mirren! Sie hält ihrerseits eine Laudatio, und zwar auf die von ihr verkörperte Queen Elizabeth: Sie habe über all die Jahre ihre Würde und ihr Pflichtgefühl bewahrt - und ihre Frisur.

6.05 Uhr

Und jetzt der Oscar für den besten Hauptdarsteller: Forest Whitaker, "The Last King of Scotland". Ein rauhes "Thank you" kommt ihm zunächst über Lippen. Dann redet er von seinem wundersamen Aufstieg aus East Texas über LA South Central in die heiligen Hallen des Showbusiness. Es rührt ihn selbst.

6.12 Uhr

Das ist eine Dramaturgie: Erst zicken sie stundenlang rum, mit Neben- und Klein-Oscars, dann geht es Schlag auf Schlag: Oscar für beste Regie an Martin Scorsese für "The Departed". Endlich hat er das Ding, und das Martin-Scorsese-bei-der-Oscar-Verleihung-Gefühl wird von nun an noch ein bisschen besser sein. Vielleicht fast so gut wie das Jack-Nicholson-bei-der-Oscar-Verleihung-Gefühl. Der ist wie immer auch da und sieht mit seiner Glatze und der schmalen Sonnnenbrille sensationell aus.

6.17 Uhr

Mit unfassbar tiefer Stimme verleiht Jack Nicholson sich quasi selbst einen Oscar, den für den besten Film: "The Departed". Das war's: wie immer ein Triumph für manche, eine Enttäuschung für viele. Aber Ellen sagte ja, man wolle heute Nacht alle Nominierten feiern und nicht nur die Gewinner. Dann feiert mal schön in Hollywood, entre vous: Kurz und schmerzlos wünscht Ellen DeGeneres dem Publikum eine gute Nacht und verabschiedet sich. Ich tue es ihr gleich und gehe frühstücken.

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