Oscar-Kandidat Jeff Bridges:Hey, Dude

Er galt stets als der am meisten unterschätzte Schauspieler Hollywoods, bis er 2010 mit 60 Jahren endlich einen Oscar gewann. In diesem Jahr ist er gleich wieder nominiert. Plötzlich ist alles anders. Oder?

Katharina Riehl

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Leute-News: Jeff Bridges

Quelle: dapd

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Er galt stets als der am meisten unterschätzte Schauspieler Hollywoods, bis er 2010 mit 60 Jahren den Oscar gewann. In diesem Jahr ist er gleich wieder nominiert. Plötzlich ist alles anders. Oder?

Man kommt nicht umhin, ein wenig zu schmunzeln, wenn man heute Geschichten liest, die noch vor zehn Jahren über den Schauspieler Jeff Bridges geschrieben wurden. Nicht nur, dass ihm die New York Times 1992 den Titel des most underappreciated great actor of his generation (der unterbewerteste große Schauspieler seiner Generation) antrug. Auch die anderen Medien, Interviewer, Porträtschreiber kamen nicht an der Bemerkung vorbei, dass es Jeff Bridges immer am ganz großen Erfolg gefehlt habe.

In dieser Hinsicht, daran besteht wohl kaum Zweifel, ...

Text und Bildauswahl: Katharina Riehl/sueddeutsche.de/rus

RNPS IMAGES OF THE YEAR 2010

Quelle: REUTERS

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... hat sich einiges getan. Im vergangenen Jahr gewann Jeff Bridges seinen ersten Oscar, nachdem bereits einige Nominierungen folgenlos an ihm vorübergegangen waren. In diesem Jahr ist er schon wieder im Rennen - und wohl der einzige Kandidat, der Colin Firth als stotterndem britischen König ernsthaft Konkurrenz machen kann.

Plötzlich ist also alles ganz anders. Oder?

U.S. Bridges poses during photocall at San Sebastian film festival

Quelle: Reuters

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Wer verstehen will, warum Jeff Bridges 60 Jahre alt werden musste, bis er im vergangenen Jahr das erste Mal einen Oscar gewann, blickt auf ein Schauspielerleben zurück, dessen Höhepunkte viele hochgelobte und wenige echt erfolgreiche Filme ausmachen. Aber der Reihe nach.

Jeff Bridges wurde am 4. Dezember 1949 in Los Angeles als Sohn des Schauspielers Lloyd Bridges geboren, seinen ersten Filmauftritt hatte er im Alter von vier Monaten: als schreiendes Baby in The Company She Keeps. Ebenso wie sein acht Jahre älterer Bruder Beau wurde Jeff schon als kleiner Junge in der Serie des Vaters, Abenteuer unter Wasser (Sea Hunt), als Schauspieler etabliert. Die Schauspielstunden, die er nach dem Ende der Highschool nahm, waren also eigentlich kaum nötig, um sicherzustellen, ...

BOTTOMS BRIDGES

Quelle: AP

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... dass aus Jeff Bridges, dem Kinderdarsteller, Jeff Bridges der Kinoschauspieler werden würde.

Es dauerte nur wenige Jahre und wenige Nebenrollen, bis sich Jeff Bridges zum ersten Mal mit einem besonderen Film hervortat. Peter Bogdanovichs Klassiker des New Hollywood erzählt von einem Dorf mitten in Amerika, in einer Zeit zwischen dem Zweiten Weltkrieg und dem Koreakrieg. Die letzte Vorstellung (The Last Picture Show, 1971) ist die Geschichte einer ziellosen Jugend, symbolisiert durch das verfallene Dorfkino, das im Kampf gegen das Fernsehen keine Chance hat.

Bridges (re., hier im Bild mit Timothy Bottoms) wurde für den Film das erste Mal 1972 für einen Oscar nominiert. Den Preis gewann er nicht.

In der folgenden Zeit ...

"GEGEN JEDE CHANCE" - KABEL 1

Quelle: dpa

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... drehte Jeff Bridges praktisch jährlich einen Film. Viele wurden von der Kritik gefeiert, zum Beispiel Fat City, in dem Bridges einen Boxer spielt, oder der Western Bad Company. Seine zweite Oscar-Nominierung folgte 1974 für Die letzten beißen die Hunde (Thunderbolt and Lightfoot), eine Tragikkomödie über eine Bankräuberbande in Montana mit Clint Eastwood als Mitspieler. Und manchmal griff er auch daneben - mit der Neuverfilung von King Kong konnten die Kritiker 1976 nicht allzu viel anfangen.

Von einem endgültigen Durchbruch in Hollywood sprach man in der Filmhauptstadt, als Jeff Bridges 1984 in dem Film-Noir-Remake Gegen jede Chance (Against All Odds) einen alternden Footballspieler verkörperte (im Bild, mit Rachel Ward) und im selben Jahr für Starman als Außerirdischer in der Haut eines Toten ein drittes Mal für den Oscar nominiert wurde. Eine Auszeichnung bekam er, trotz Durchbruch, aber nicht.

"DAS MESSER" - KABEL 1

Quelle: dpa

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Jeff Bridges wechselte die Genres, trat zum Beispiel in Das Messer (Jagged Edge) als Verdächtiger auf, der wegen des Mordes an seiner Frau vor Gericht steht (im Bild, mit Glenn Close). Man sah ihn auch ...

INS HERZ DES WILDEN WESTENS

Quelle: dpa

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... immer wieder in Western, zum Beispiel Ins Herz des Wilden Westens (Hearts of the West) von 1975. Jeff Bridges, und so einfach ist sein Werdegang wahrscheinlich zu erklären, hat immer das gemacht, was er gerade wollte.

Er scheint seine Projekte nicht danach ausgesucht haben, ob sie ihn in Sachen Popularität voranbringen, sondern danach, ob sie ihn künstlerisch voranbringen. Vor zehn Jahren, bevor er also den Oscar gewann, sagte er in einem Interview: "Ich möchte gar nicht berühmter sein und noch mehr im Scheinwerferlicht stehen."

Wenn Jeff Bridges und einer seiner Filme es in der Zuschauergunst ganz nach oben schafften, ...

DIE FABELHAFTEN BAKER BOYS

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... dann geschah das einfach, mehr so nebenbei. Wie bei den Fabelhaften Baker Boys (The Fabulous Baker Boys). Die Geschichte zweier gelangweilter Barpianisten-Brüder (gespielt von Jeff und Beau Bridges), die seit Jahren mit denselben abgenudelten Nummern durch die Kneipen tingeln, bescherte nicht nur der Hauptdarstellerin Michelle Pfeiffer (im Bild, Jeff Bridges sitzt hinter ihr am Klavier) einen Oscar, sondern wurde auch zu einem der bekanntesten und meistzitierten Musikfilme überhaupt.

Und dann, natürlich, ...

"The Big Lebowski"

Quelle: dpa

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... war da The Big Lebowski. Im Jahr 1998 kam der Film in die Kinos, der Jeff Bridges als Dude unsterblich machen sollte: Es geht um Alt-Hippie Jeffrey Lebowski, der sein Leben eher locker angeht, bis er aufgrund einer Verwechslung plötzlich von ein paar Schlägern aufgesucht wird, die nicht nur den Dude kopfüber ins Klo stecken sondern auch noch auf seinen Teppich urinieren.

Lebowski derweil sieht nicht ein, sich das gefallen lassen zu müssen - und sucht seinen millionenschweren Namensvetter auf, um sich von ihm den Teppich ersetzen zu lassen. Die Geschichte wurde zum Standardwerk einer ganzen Generation. Den Dude ist Jeff Bridges bis heute nicht losgeworden, was - zumindest sehen das seine Fans so - auch daran liegt, dass viele den Dude für eine filmgewordene Reinkarnation von Bridges selbst hielten. Was dieser natürlich auch befeuerte, indem er erzählte, er trage im ganzen Film nur seine eigenen (Althippie-)Klamotten.

In den Jahren darauf folgte das, was Jeff Bridges ja bereits gut kannte:

JEFF BRIDGES FUER OSCAR NOMINIERT

Quelle: ddp

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Er drehte hochgelobte Filme, manchmal wurde er für einen Oscar nominiert, gewonnen hat er ihn aber nicht. Zum Beispiel für den Politthriller Rufmord (The Contender), Bridges spielt darin den amerikanischen Präsidenten Jackson Evans, der bei der Neubesetzung des Amtes des Vizepräsidenten in ein politisches Ränkespiel gerät. Seine thematische Vielfältigkeit ...

Jeff Bridges in dem Film " K-Pax - Alles ist möglich "

Quelle: ddp

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... zeigte Bridges kurze Zeit später mit dem Science-Fiction-Psycho-Film K-PAX - Alles ist möglich. Darin spielt er einen Arzt, dessen Patient von sich behauptet, von einem anderen Planeten zu kommen.

Es folgten die erfolgreichen Filme Seabiscuit - Mit dem Willen zum Erfolg, die Geschichte eines Rennpferdes mit Tobey Maguire, 2004 kam The Door in the Floor - Die Tür der Versuchung in die Kinos, die teilweise Verfilmung von John Irvings Witwe für ein Jahr.

Und dann, 2009, war es plötzlich so weit.

-

Quelle: AP

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Da drehte Jeff Bridges mal wieder so einen typischen Jeff-Bridges-Film. Eher unspektakuläre Handlung, eine schrullige Hauptfigur, Musik und die Komik des Tragischen.

Crazy Heart erzählt von einem gealterten, einst erfolgreichen Countrymusiker, einem schweren Alkoholiker, der - man erinnere sich an Die Fabelhaften Baker Boys  - sich von heruntergerockter Kneipe zu abgerissener Bar hangelt, um vor einer Handvoll Zuschauer schlechte Musik zu machen. Erst als er die junge Journalistin Jean (Maggie Gyllenhaal) kennenlernt, beginnt Bad Blake wieder richtig Musik zu machen.

Jeff Bridges wurde für den Academy Award nominiert - und, mit frischen 60 Jahren - gewann er ihn auch. Zum ersten Mal, bei seiner sechsten Nominierung.

Berlinale 2011 - Premiere True Grit

Quelle: dpa

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Seitdem, und man ist sich nie sicher, ob Jeff Bridges selbst sich darüber so wahnsinnig freut, ist er auf den roten Teppichen so begehrt wie kaum ein anderer. In der vergangenen Woche auf der Berlinale zum Beispiel. Sein Film nach dem Oscar, die skurrile Kriegs-Farce Männer, die auf Ziegen starren (The Men Who Stare at Goats), auch mal wieder ein ziemlich typischer Bridges-Film, wurde zum Kritikerliebling.

Dort stellte er seinen neuen Film vor, ...

Themendienst Kino: True Grit

Quelle: dapd

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... True Grit, mal wieder ein Western. Joel und Ethan Coen haben die Geschichte eines jungen Mädchens verfilmt, das mit Hilfe eines heruntergekommenen Marshalls (natürlich Bridges) den Tod seines Vaters rächen möchte. Der Augenklappen-tragende Marshall trägt nicht nur denselben Bart wie der Dude und wie der abgerockte Countrysänger - er ist einmal mehr ein Mann, der seine besten Zeiten schon hinter sich hat, und es trotzdem noch einmal wissen will.

Einmal mehr ist Jeff Bridges mit True Grit für einen Oscar nominiert - und gilt als einziger ernstzunehmender Gegenkandidat für den allerseits favorisierten Briten Colin Firth.

Wahrscheinlich wird Jeff Bridges den Award also wieder nicht bekommen. Er wird einfach nur einen guten Film gemacht haben. Und dann ist eigentlich alles wieder wie früher.

© sueddeutsche.de/kar
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