Opernpremiere in Berlin:Zauberer in der Wüste

Barrie Kosky inszeniert Schönbergs "Moses und Aron" an der Komischen Oper als ein Chorspektakel von grandioser Wucht.

Von Wolfgang Schreiber

Wir finden doch immer was, um uns einzureden, dass wir existieren, nicht wahr, Didi" - "Ja ja, wir sind Zauberer". Die Worte zucken und ruckeln hin und her, auf schwarzer Bühnenwand vor Beginn der Oper, ehe sie als Geschwafel der Spaßvögel Estragon und Wladimir aus Becketts "Warten auf Godot" erkennbar werden. Warten auf Moses und Aron? Existenzialistischer Witz contra sprödes Gedankendrama? Regisseur Barrie Kosky sieht die beiden Beckett-Clowns hinter den biblischen Brüdern lauern, die mit Zaubereien ihr jüdisches Volk verführen zur Wüstentour ins gelobte Land. Kosky, inszenierender Intendant der Komischen Oper, macht aus Schönbergs religionsphilosophischer Diskursoper, komponiert 1930 bis 1932 in Berlin, bevor der jüdische Komponist Deutschland verlassen musste, ein expressionistisch aufgeladenes Aktionstheater auf düsterem Terrassenboden. Den hat Klaus Grünberg nach Wüstenzeltmanier mit nichts als großen Teppichen belegt, auf denen Kosky und Choreograf Hakan T. Aslan zweihundert Darsteller und Chorsänger zur wogenden, zerrissenen, punktgenau hin- und hertaumelnden Masse zusammenschweißen.

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