Oper:Vorbildlich komisch

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Kurzer Versuch einer Liebe vor der Andeutung eines Schlossparks: Mária Celeng, Lucian Krasznec und drei Schneckenhäuschen. (Foto: Christian Pogo Zach)

Henzes "Der junge Lord" ist am Gärtnerplatztheater genau richtig

Von Egbert Tholl, München

Es ist, als wehe ein frischer Wind durchs Gärtnerplatztheater. Hans Werner Henzes "Der junge Lord" ist eine komische Oper, eine Parabel, vielleicht in Teilen sogar eine Burleske. Aber die Musik und das herrliche Libretto von Ingeborg Bachmann sind so klar, so genau, so beißend, treffsicher und frei von aller operettenhafter Witzelei, dass, will man lustige Unterhaltung im Musiktheater, man sich nur noch so etwas wünschte. Wem komische Opern suspekt sind - und dafür gibt es genügend Gründe -, der wird eines Besseren belehrt und fühlt sich hier wunderbar aufgehoben.

Keine Angst vor Henze! Dessen Verhältnis zur Tonalität war meist ein sehr aufgeschlossenes. Manchmal hört man bei dieser Oper von 1965 ein bisschen, dass Henze die Wiener Schule liebte. Aber genauso hört man Rossini oder Mozart. Henze komponiert mit tausend Ideen und extrem konkret am Libretto entlang. Diese Musik ist zu jeder Sekunde einleuchtend, und das Orchester des Gärtnerplatztheaters ist zusammen mit seinem Chef Anthony Bramall in seinem Element. Alles sitzt perfekt, hundertprozentig fettfreies Musizieren, da raunt nichts, da ist alles so gemeint, wie es klingt. Im letzten Bild komponierte Henze besoffene Musik, und das Orchester spielt wie eine niederbayerische Hochzeitskapelle am Ende einer langen Feier, aber herrlich präzise in der Schräglage. Das ist dann wirklich fabelhaft lustige Musik. Ja, es gibt Humor in der Musik; hier kann man ihn erleben.

Für Ingeborg Bachmann war die Grundlage ein Geschichtlein von Wilhelm Hauff. Daraus machte sie ein paradigmatisches Drama, das zwar 1830 im Residenzstädtchen Hülsdorf-Gotha angesiedelt ist, aber überall und zu jeder Zeit spielen kann, die Geschichte ist allgemeingültig: Sir Edgar kommt in einen kleinen, niedlichen Ort, dessen Bürger Reichtum und Sensation wittern. Der Sir spricht leider nicht mit ihnen, die Begeisterung lässt nach, doch dann öffnet er sein Haus für ein Fest, dort wird der "junge Lord" präsentiert, ein dressierter Affe, auf den alle hereinfallen, weil sie hereinfallen wollen.

Brigitte Fassbaender bedient die Handlung mit Präzision, alles ist gut gelüftet und schaut gut aus - Dietrich von Grebmer hat ein Stadtmodell gebaut, das über der Aktion schwebt und abgefilmt wird. Angst vor dem Fremden, vor den Schwarzen, Gier nach gesellschaftlichem Aufstieg, Enge im Hirn - alles ist klar formuliert, szenisch wie textlich. Das Ensemble agiert vorbildlich, sehr genau, macht ungeheuer Freude. Und Mária Celeng und Lucian Krasznec sind ein herrliches junges Liebespaar.

© SZ vom 25.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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