Oper:Hip-Hop-Mozart

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Wenn Papagino (Frederic Böhle) um seine Pamina (Christina Roterberg) wirbt, wird die Liebe zum Rap. (Foto: Andreas Harbach)

Die "Zauberflöte Reloaded" im Prinzregententheater

Von Klaus Kalchschmid, München

Kleine Schrecksekunde zu Beginn: Ganz ohne Posaunen klingen die ersten Akkorde der "Zauberflöten"-Ouvertüre mit den klein besetzten Berliner Symphonikern im Prinzregententheater arg mager, und sofort driftet die Musik in die Pop-Übermalung ab. Das lässt tiefe Einschnitte erwarten. Doch am Ende wird in dieser Anderthalb-Stunden-Fassung keine Arie gefehlt haben. Und das trotz zahlreicher, origineller Breakdance-, Rap- und Hip-Hop-Einlagen. Auch das Duett "Bei Männern, welche Liebe fühlen" oder Sarastros "O Isis und Osiris" und natürlich die Arien der Königin der Nacht bleiben unangetastet, werden auf hohem Niveau gesungen, aber oft tänzerisch begleitet. So von Michael Lamprecht als einer von hier nur zwei Knaben, die, statt zu singen, Breakdance präsentieren, wie auch die drei Damen vor allem tanzen.

Vom Dirigenten vorab zum Zwischenapplaus ermuntert, spendet diesen das aus vielen Familien bestehende Publikum ausgiebig, auch schon mal mitten in einer Nummer. Natürlich ist Papageno alias Papagino im stahlblauen Anzug mit Augen von Pfauenfedern am Arm (Kostüme: Nele Sternberg) der Star des Abends, von TV-Schauspieler Frederic Böhle mit charismatischer Natürlichkeit dargestellt und gesungen. Nach seinem Rap über das Mädchen, das er nicht bekommen könne, weshalb das Leben sinnlos sei, bricht das Publikum in helle Begeisterung aus; auch sonst herrscht eine ausgelassene Stimmung, wie man sie aus Aufführungen der "Zauberflöte" nicht kennt.

Der Dirigent Christoph Hagel, verantwortlich auch für Fassung und Inszenierung, hat allen Ballast abgeworfen: Nur die wichtigsten Chorpartien werden von den Protagonisten übernommen. Alles Freimaurer-Gedöns fällt weg (weshalb es auch keine Posaunen gibt), dazu manches Ensemble. So funktioniert die Dramaturgie vor allem im zweiten Akt viel besser. Auf Feuer- und Wasserprobe wird ebenfalls nicht verzichtet, und dank Video (Dariusz Volta) wirkt das Ganze glaubwürdig. Die Aufführung spielt mit den Stilistiken der Oper, lässt Bože Jurič Pesič als Tamino aus dem Theatermuseum auftreten und nobel singen, während Pamina in Silber-Leggings und roten Samt-Sweater eine junge Frau von heute ist und bei Christina Roterberg auch so klingt. Darlene Ann Dobisch brilliert als forsche Königin der Nacht mit blitzsauberen Koloraturen und bombensicheren Spitzentönen, wie andererseits Marko Spehar dem Sarastro einen profunden Bass verleiht.

© SZ vom 08.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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