Vordergründig scheint dies ein völlig unmögliches Werk zu sein. 1959 schrieb Dmitri Schostakowitsch eine Operette mit dem (eingedeutschten) Titel „Moskau, Tscherjomuschki“. Die ist lustig, satirisch, heiter. Nichts erinnert darin an seine Oper „Lady Macbeth von Mzensk“, die 1936 Stalin gegen den Komponisten aufbrachte, nichts an seine düsteren, aufregenden, politisch klug und oft subversiv komponierten Symphonien. Die Operette macht sich über die herrschenden Verhältnisse lustig. Unter Stalin wäre sie die perfekte Fahrkarte in den nächsten Gulag gewesen, nun aber war Nikita Chruschtschow oberster Sowjet. Der war erstens entspannter gegenüber den Künsten, zweitens hatte er ein großes Faible fürs Bauen. „Tscherjomuschki“ bedeutet übersetzt vermutlich „Vogelbeerbäumchen“ oder was mit Kirschen, die Meinungen gehen da ein wenig auseinander, Hauptsache, die Bäume blühen. Es ist der Name einer Plattenbausiedlung am Rande Moskaus, also eben Utopie einer blühenden Sowjet-Zukunft, moderner Wohnraum für alle. Klappt aber nicht so ganz, am Ende hilft Zauberei.
OperetteIm Zuckerbäckerstil
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Eine sowjetische Operette von Schostakowitsch? Das gibt es, in Graz sogar mit Harald Schmidt – dessen kleine Boshaftigkeiten die klebrige Süße von „Moskau, Tscherjomuschki“ nicht abmildern.
Von Egbert Tholl

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