Olympia 2010: Eiskunstlauf und Musik:Geigen pflastern ihren Weg

Die mysteriöse Sturz-Serie im olympischen Eiskunstlauf hat einen Grund: schlechte Musik. Die Bilder.

Helmut Mauró

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Die mysteriöse Sturz-Serie im olympischen Eiskunstlauf hat einen Grund: schlechte Musik. Die Bilder.

Der Eiskunstlauf zeichnete sich früher vor allem durch einen operettenhaften Musikgeschmack aus, der sich kongenial in der Bekleidung fortsetzte. Inzwischen hat sich vieles gebessert, klassische Musik hat das Eisstadion zurückerobert, und die Sportler werden von Punktrichtern dazu gedrängt, ihre Bewegungen in einen kunstähnlichen Zusammenhang mit der Musik zu bringen. Offenbar aber hat man des Guten ein wenig zu viel getan. Vor allem erweist sich ein Kurzschluss als fatal: Dass klassische Musik das ist, wo Geigen spielen. Schaut man sich die Olympia-Läufe an, muss man erkennen: Geigen richten im Eiskunstlauf mehr sportlichen Schaden an, als sie künstlerisch nützen.

Text: Helmut Mauró/SZ vom 17.2.2010

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Die Sturz-Choreographie der US-Eiskunstläuferin Michelle Kwan bei dem Olympischen

Winterspielen 2002/Foto: dpa

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Es beginnen Anabelle Langlois und Cody Hay aus Kanada; ihre Kür ist untermalt von der "Grand Canyon Suite", womit der Absturz musikalisch schon an die Wand gemalt ist. Zu einer gegrummelten Orchestergrundierung wabert eine Flötenmelodie, frei und sinnlos wie die Möwe im Wind, die Geigen ziehen nach, dazu stürzt Anabelle beim dreifachen Salchow. "Ei", sagt der Reporter, das Publikum klatscht dezent.

Anabelle Langlois und Cody Hay, Olympia 2010/Foto: dpa

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Es folgen Zhang Dan und Zhang Ha aus China. Die mit dem Sturz in Turin. Auch damals war es klebrige Geigensülze, die den Lauf vermasselte - aber auf Niveau und mit Ohrwurmqualität: Rimsky-Korsakows "Sheherazade". Ein herrlicher Sturz in den Spagat war das. Und heute? Wieder die "Sheherazade". Jetzt erst recht. Es folgen Dreifach-Toeloop und Sturz.

Dan Zhang und Hao Zhang, Olympia 2010/Foto: dpa

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Die Sturheit des Weitermachens, das spürt man hier, wurzelt nicht nur im Trainer und in kommunistischen Repressionen, sondern vor allem im Tonband, das niemals vor Schreck stehenbleibt, sondern weiterspielt wie ein gutmütiger Großvater. Dreifacher Wurflutz, Todesspirale mit Armwechsel, großer Trommel und Becken - Janitscharenklänge.

Xue Shen und Hongbo Zhao, Olympia 2010/Foto: ap

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Dann zertanzen Mukhortova und Trankov die "Love Story". Erst in Klavierversion, mit allerlei Verzierungen. Die Melodie allein wäre auch zu spröde, diese immergleiche Sequenz aus harmlosen Sextsprüngen. Dann aber schleichen wieder die Geigen herein, klassische Soundsülze, und prompt: Sturz beim dreifachen Salchow.

Maria Mukhortova und Maxim Trankov, Olympia 2010/Foto: dpa

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Die Kanadier Jessica Dube und Bryce Davisonprobieren es mit "The Way We Were". Welch dunkler Humor. Berühmt wurde das Paar dadurch, dass die Läuferin bei einem Wurf statt in den Armen des Partners im Krankenhaus landete, und er ihr ein andermal bei einer Parallelpirouette das Gesicht aufschlitzte. 40 Stiche bedurfte es zur Rekonstruktion.

Nun springen sie munter zwei Doppelaxel, aber Vorsicht. Leise schiebt sich schon wieder Streichersound unter das Klavier. Und wirklich: Sturz beim dreifachen Salchow. Zufälle sehen anders aus.

Jessica Dube und Bryce Davison, Olympia 2010/Foto: dpa

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Das nächste Paar fällt zu Geigen im Donauwalzer, am Ende erwischt es auch die Deutschen.

Maylin Hausch and Daniel Wende, Olympia 2010/Foto: dpa

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Im Oktober liefen sie noch zu André Rieus "Hymne", jetzt haben sie umgestellt auf "Jenseits von Afrika". War ihnen die Geige des Niederländers suspekt geworden? Mitnichten. Auch der neue Song eröffnet mit massivem Streichereinsatz. Die Violinen ziehen nach oben, das Horn geht mit, und dann, als die Geigen zum dritten Mal zum läppisch aufsteigenden Viertonmotiv ansetzen, stürzt Robin beim Doppelaxel. Der Rest sind Tränen. Das Gold ist weg, die Geigen sülzen weiter, als wäre nichts.

Aljona Savchenko und Robin Szolkowy, Olympia 2010/Foto: ap

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