Der Fotograf Oliviero Toscani ist tot. Er starb nach schwerer Krankheit im Alter von 82 Jahren, wie die Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf Toscanis Familie meldete. Berühmt wurde Toscani unter anderem durch die Gestaltung diverser Werbekampagnen für den Modekonzern Benetton, die immer wieder kontroverse Debatten auslösten.
Toscani war in den 1980er- und 1990er-Jahren als Kreativchef für Benetton aktiv. Bekannt wurde etwa sein Bild eines weißen Babys an der Brust einer schwarzen Frau, das gegen Rassismus Stellung beziehen sollte. Der Modekonzern warb seinerzeit mit dem Slogan „United Colors of Benetton“ für sich. Auf den Plakaten waren aber keine Hosen oder Pullover zu sehen, sondern vielmehr oft provozierende Motive, etwa das Foto eines Priesters und einer Nonne, die sich küssten. Später zeigte Toscani Bilder von Flüchtlingsbooten, Magersüchtigen, an Aids erkrankten Menschen oder auch das Shirt mit Einschussloch eines gefallenen Soldaten im Bosnienkrieg.
Er instrumentalisiere soziale oder politische Probleme, um Produkte zu verkaufen – diesen Vorwurf bekam Toscani oft zu hören. Der Fotograf entgegnete, er wolle auf Probleme aufmerksam machen, Kunst müsse provokativ sein, um Interesse hervorzurufen und Debatten anzustoßen. Erfolgreich war Toscanis sogenannte Schock-Werbung jedenfalls: Die Modemarke Benetton wuchs stark. Im Jahr 2000 verließ Toscani den Konzern – auch wegen der heftigen Proteste gegen eine große Kampagne, die zum Tode verurteilte Häftlinge in den USA zeigte und die dort massive Umsatzeinbußen und Filialschließungen zur Folge hatte. Nach einer kurzen Rückkehr beendete der Konzern 2020 endgültig die Zusammenarbeit mit Toscani.
Toscani, der auch an verschiedenen italienischen Hochschulen unterrichtete, war 1942 in Mailand zur Welt gekommen. Sein Vater war Fotojournalist, als Fünfjähriger bekam Oliviero Toscani seine erste Kamera. Im August 2024 sprach Toscani in einem Interview davon, an Amyloidose erkrankt zu sein, einer seltenen Krankheit, die zum Organversagen führt. „Es gibt keine Heilung“, erklärte der Fotograf. Zuletzt habe er sich einer experimentellen Behandlung unterzogen.