Oliver Pocher bei Sat.1:Wer hat Angst vor Harald Schmidt?

Hilf mir, Shakira! Bei der Premiere seiner Show ist Oliver Pocher um keinen schlüpfrigen Witz verlegen - solange die Kamera noch nicht läuft.

Hans Hoff

Oliver Pocher lässt keine Zweifel, was die Zuschauer erwartet. "Wer vorne sitzt, kann es sich schon mal unten rum bequem machen", sagt er und kündigt damit auf seine ganz besondere Art das höchst gewagte Outfit eines Weltstars an.

Oliver Pocher bei Sat.1: "Leck mich am Arsch, sehe ich gut aus": Trotzdem kann Oliver Pocher einfach keine Gags ablesen.

"Leck mich am Arsch, sehe ich gut aus": Trotzdem kann Oliver Pocher einfach keine Gags ablesen.

(Foto: Foto: dpa)

Shakira soll in wenigen Augenblicken die Bühne betreten, doch vorher muss der Gastgeber noch erklären, dass seine Premierenshow im Kölner Residenz-Theater am Freitagnachmittag nicht so aufgezeichnet wird, wie sie später auf dem Bildschirm zu sehen ist.

Erst kommt der Schluss, dann der Anfang, und außerdem müssen auch noch ein paar Appläuse festgehalten werden für mittendrin. Schließlich stellt er dem Saalpublikum noch seinen Vater vor, der in seinen Shows die Rolle des dummen August übernehmen soll.

Brüller auf schlüpfrigem Parkett

"Er hat was mit mir gemeinsam", stellt er seinen Erzeuger vor und spielt damit auf die Schwangerschaft seiner aktuellen Partnerin an: "Er dachte: Vorher rausziehen reicht." Ein echter Brüller auf schlüpfrigem Parkett. So heftig ist der Applaus, dass sich Pocher gleich Gedanken um den Heimfrieden macht: "Da freut sich meine Mutter."

So ist Pocher, wenn er die Sau rauslassen kann, wenn er schnell und schwiemelig kontern kann. Als er später von seinem Gast Shakira erfährt, dass die weder über Sex noch über Religion reden möchte, sagt er: "Let's have sex in the dome." Sein Gast überhört die Rotzigkeit höflich und geht mit ihm und Johannes B. Kerner kegeln.

Doch das passiert erst am frühen Abend, so gegen halb acht. Vorher muss noch erklärt werden, wie das Pocher-Puzzle funktioniert. Dann kommt Shakira, singt, und nachher erscheint der um keine Hemmunglosigkeit verlegene Neustar bei Sat.1 in einem echte Shakira-Kostüm. Pocher hochnotpeinlich. Leider sieht es nämlich ein bisschen so aus, als sei ein Schornsteinfeger Opfer einer Explosion geworden.

Wieder Pause, wieder muss Pocher erklären, dass es nun aber gleich richtig losgeht. Zwischendurch schaut er mal kurz auf die riesige Videowand und zeigt sich besonders von sich selbst beeindruckt. "Leck mich am Arsch, sehe ich gut aus", sagt er. Aber das werden die Menschen an den Bildschirmen nicht sehen.

Die Noch-Chefs von Sat.1

Schließlich muss er noch einen Einspieler drehen, in der er mit Kai Pflaume redet, der vor seiner Show auch eine Show bei Sat.1 hat. "Warum bist du nicht in der Ost-West-Show", fragt Pocher und amüsiert sich königlich, weil Pflaume nicht antworten kann, denn seine Interview-Simulation kommt aus der Konserve. Alle finden das lustig, aber trotzdem muss Pocher das Gespräch noch einmal simulieren, ohne Verweis auf die konkurrierende RTL-Show.

"Die Noch-Chefs von Sat.1 sind da", verrät er und wertet das ganz offenbar als Beleg seiner Unabhängigkeit. Dass er sich so etwas trotzdem traut. Schließlich hat er doch schon ganz zu Anfang auf einen eher mageren Applaus mit Endzeitstimmung reagiert. "Wenn das gleich in der Sendung so bleibt, wird es ein kurzes Gastspiel bei Sat.1", hat er da gesagt und den Gleichgültigen gegeben: "Egal, dann gehe ich zum ZDF."

Pocher ist extrem gut aufgelegt beim Vorgeplänkel. Leider schwindet seine Form genau in dem Moment, in dem die wahre Show beginnt. Um 18.20 Uhr startet noch ein Einspieler, der Pocher als bärtigen Eremiten zeigt, der mit seinem Hund Sandy friedlich angelt.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum plötzlich die Luft raus ist und wie Shakira den plötzlich verstummten Gastgeber rettet.

Chaotisches Pocher-Puzzle

Plötzlich fahren dicke Limousinen vor, und heraus steigen FBI-artige Typen. Die sagen, er solle zu Sat.1 kommen, eine Late-Night-Show moderieren. Einer von denen heißt Bolten, so wie der wahre Sat.1-Chef Guido Bolten. Der übt Druck aus, doch Pocher bleibt standhaft. "Fick dich ins Knie, Bolten", sagt er, woraufhin auch das im Saal anwesende Original lacht.

Pocher will hart bleiben, aber dann hat Bolten das Killerargument parat. "Du hast einfach nur Angst vor Schmidt", sagt Bolten. Das sitzt. Nach zwei Sekunden steht Pocher im Showoutfit und rasiert parat. Showtime.

Er steigt die vier Meter hohe Treppe herab und sondert seine Stand-up-Kommentare ab. Plötzlich ist die Luft raus. Pocher stockt, Pocher stammelt. Das sind nicht seine Gags, die hat man ihm aufgeschrieben, aber ablesen ist nicht seine Stärke.

Endlich Werbepause

Ein bisschen besser wird es, als wieder ein Einspieler über die Biene-Maja-Koalition folgt. "Biene Merkel und der Westerwilli" heißt die Zeichentrickrubrik, die an die Form des Anfangsfilms anknüpfen kann. Doch dann versemmelt Pocher noch ein paar Gags, und einer bleibt gar ganz ohne Lacher. Wie eine Erlösung folgt die erste Werbepause.

Später stellt er seinen Vater noch einmal für die Fernsehzuschauer vor, schreibt um 18.54 Uhr einen vorbeugenden Brief an die Kritiker ("Bisher ist die Sendung Schrott.") und zeigt, welche Dreistigkeiten er sich auf dem Oktoberfest geleistet hat. Das übliche pubertäre Pocherdasein ist das, wie man es seit Jahren kennt, wie es aber nicht lustiger wird, wenn man es auf eigener Bühne präsentiert.

Dann kommt Johannes B. Kerner und gibt seinen Einstand bei Sat.1. "Ich spüre den Esprit des Neuen", schwafelt er, was man halt so sagt, wenn man irgendwo anfängt. Schnell wird Kerner, "der neue starke Mann bei Sat.1" (Pocher) abgefertigt, weil doch noch Shakira zum Talk anrückt.

Bloodwürst und Kegeln

Die lässt Pocher etwas Deutsches probieren. Sie soll Würstchen sagen, sie sagt Würstchen und bewahrt doch so etwas wie Restwürde. Dann gehen Pocher und Shakira in eine nahegelegene Kneipe, und der Marsch dorthin dauert ewig. Pocher als Gastgeber versagt völlig und kann froh sein, dass der eloquente Weltstar die von ihm aufgerissenen Lücken zuplaudert.

"Hallo, ich bin auch ein Star", schimpft er, als Autogrammjäger nur Interesse an der Dame haben. In der Kneipe muss Shakira dann noch Bloodwörst sagen und essen, bevor Kerner, die Pochers und die Sängerin eine ruhige Kugel schieben.

Irgendwann läuft Pocher zurück und steht um 19.35 Uhr wieder auf der Bühne des Residenz-Theaters. Das Ende, das am Anfang aufgezeichnet wurde, muss sich das Publikum im Saal nun denken. "Es war ein bisschen chaotisch", sagt Pocher, womit er wenigsten einmal an diesem Tag völlig recht hat.

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