Siemens Musikpreis an Olga Neuwirth:Die Tiefseetaucherin

Siemens Musikpreis an Olga Neuwirth: Niemand kann so phantatisch lustvoll komponieren wie Olga Neuwirth.

Niemand kann so phantatisch lustvoll komponieren wie Olga Neuwirth.

(Foto: Harald Hoffmann)

Feministin, Avantgardistin, Gesellschaftskritikerin und Komponistin: Die Österreicherin Olga Neuwirth bekommt den Siemens Musikpreis. Endlich.

Von Reinhard Brembeck

Wer mit Kompositionen wie "Vampyrotheone" oder "Lonicera caprifolium" Karriere machen konnte und früh schon mit der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek zusammenarbeitend zusammenkam, an dem kann irgendwann auch der berühmte und wirkmächtige Siemens Musikpreis nicht mehr vorbeigehen, mit dem seit 1974 viele Männer ausgezeichnet wurden, aber nur drei Frauen, eine Geigerin, eine Bratschistin und eine Komponistin. Jetzt erhält auch die 1968 in Graz geborene Olga Neuwirth den Siemens Musikpreis, eine Feministin, Avantgardistin und Gesellschaftskritikerin, die gern auch mit ihrer Heimat hadert: "Ich lasse mich nicht wegjodeln." Was bei einer Künstlerin ja auch unvorstellbar ist, die ein fiktives Tiefseewesen wie Vampyrotheone derart kraftvoll, phantastisch, poetisch und voller Dunkelheiten und Aggression zum Klingen bringen kann.

Elfriede Jelinek bescheinigte Neuwirths Musik einen Hang zum Ironischen und Unheimlichen

Olga Neuwirth wollte Trompeterin werden, ein Unfall verhinderte das. Sie studierte in den USA, ließ sich inspirieren von Kunst und vom Film, dessen Techniken sie in ihre Musik übertrug, nicht nur in ihre Oper "Lost Highway" nach dem gleichnamigen Film von David Lynch. Oper ist ihre Leidenschaft, früh hat sie dafür mit Elfriede Jelinek zusammengearbeitet, die Neuwirths Musik einen Hang zum Ironischen und Unheimlichen bescheinigte. Die beiden haben "Lost Highway" zusammen gemacht und "Bählamms Fest". Danach trennten sich ihre Wege. Neuwirth unternahm es, Alban Bergs letzte Oper als "American Lulu" bearbeitend zu vollenden, dann kam mit "Orlando" nach dem Roman von Virginia Woolf ihr größter Triumph. Nicht so sehr, weil das Stück an der Wiener Staatsoper, dem Schicksalshaus der österreichischen Kultur, herauskam, sondern weil Olga Neuwirth da mit einer unbändig freien Lust alle Möglichkeiten des Komponierens erprobte: Bravissima!

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