Alle stehen exakt nebeneinander aufgereiht, das Bild drückt Ordnung, Disziplin und eine strenge Choreografie aus. Wer an Nordkorea denkt, dem kommen vor allem Bilder in den Sinn, mit denen sich das Regime von Kim Jong-un selbst inszeniert - die Kameras stehen jedenfalls schon bereit.
Aber was steckt hinter der Fassade? Wie leben die Menschen in diesem von der westlichen Welt abgeschotteten Land, in dem selbst die Schwäne auf einem Kanal einem strengen Protokoll zu folgen scheinen? Mit diesen Fragen im Kopf ist der australische Fotograf Fabian Muir aufgebrochen, um Nordkorea von einer anderen Seite zu zeigen.
Auf seinen Bildern sind statt streng durchchoreografierter Militärparaden junge Menschen im Vergnügungspark zu sehen, und ...
... eine gut besuchte Bowlingbahn ersetzt mit markigen Worten angekündigte Atomwaffentests. Muirs Fotos stehen unter dem Motto "Shades of Leisure" (in etwa "Facetten des Vergnügens") und illustrieren andere Seiten eines Landes, in dem viele Menschen hungern und unterdrückt werden.
Völlig frei konnte sich der Fotograf in Nordkorea nicht bewegen. Man werde stets von zwei Staatswachen begleitet, die jedoch - wenn man sich gut mit ihnen verstehe - einige Türen öffnen könnten, so Muir. Auffallend sei besonders der Unterschied der in jeglicher Hinsicht privilegierten Hauptstadt Pjöngjang zum Rest des Landes gewesen, erzählt er. Je weiter man aufs Land komme, desto älter seien die Gebäude, desto schlechter sei das Transportwesen und desto verbreiteter Stromausfälle.
Muir wollte das Freizeitleben in Nordkorea in möglichst vielen Facetten zeigen. Aber ganz mag man der scheinbaren Idylle auf Muirs Bildern nicht trauen. Immer noch glaubt man, selbst in einer scheinbar unverfänglichen Szene die Inszenierung zu erkennen.
Aber dann fängt der australische Fotograf wieder persönliche, ungestellte Momente ein - wie diesen, in dem ein Mann eine Umkleidekabine am Strand verlässt. "Die Menschen sind sehr freundlich und haben einen guten Sinn für Humor", sagt Muir. Allerdings seien sie in gewisser Weise auch naiv, weil ihnen viele Informationen von außen vorenthalten würden.
Ein Mädchen bei den Proben für eine Aufführung im Kindergarten - ganz aussparen wollte auch Muir den Drill und die Disziplin in Nordkorea anscheinend nicht.
Denn die Politik ist überall präsent: Aufgeputzt sitzen Waisenkinder unter den Bildern der früheren nordkoreanischen Führer Kim Il-sung und Kim Jong-il. Auf seiner Reise sei er stets darauf bedacht gewesen, Fakt von Fiktion, also wahre Gegebenheiten von Inszenierungen zu unterscheiden, sagt Muir.
In Zeiten, in denen die Spannungen zwischen Nordkorea und den USA andauern, wirken Muirs Bilder seltsam, künstlich, unpassend. Vielleicht, weil sie mehr zeigen als nur Militärparaden - nämlich die Menschen dahinter. Muirs Fotoreportage landete auf der Shortlist des diesjährigen Zeiss Photography Awards.