Der zweite Spielfilm des amerikanischen Modedesigners Tom Ford heißt "Nocturnal Animals", der bessere Titel wäre jedoch: "Rothaarige Frauen mit unterschiedlich tiefen Ausschnitten erleben blutige Abenteuer".
Die rothaarige Frau Nummer eins hat das größte Dekolleté, und auch wenn das mit der Handlung des Films überhaupt nichts zu tun hat, kann man schwerlich darüber hinwegsehen, weil Tom Ford sich dafür entschieden hat, sie und ihre Brüste aus allen erdenklichen Perspektiven, aber auf jeden Fall in Nahaufnahme zu porträtieren. Susan (Amy Adams) ist eine reiche und erfolgreiche Galeristin in Los Angeles, die sich aber vor der Dekadenz ihrer Weißwein-Vernissage-Welt zu ekeln beginnt.
Weil das Auswählen von brustbetonten Kleidern keine ausreichende Abwechslung bietet, ist sie nicht unglücklich, als sie eines Tages ein Päckchen von ihrem Ex-Mann bekommt, den sie einst im adoleszenten Liebesrausch geheiratet und nach der baldigen Scheidung zwanzig Jahre nicht mehr gesprochen hat.
In diesem Päckchen findet sie ein Romanmanuskript mit dem Titel "Nocturnal Animals", was quasi eine indirekte Widmung des Verflossenen ist, der sie früher immer ein nachtaktives Tier genannt hat, weil sie an einer Schlafstörung leidet.
Susan setzt sich mit einem Glas Wein und ihrer klobigen Nerdbrille ins Bett und beginnt zu lesen, was uns zu den rothaarigen Frauen Nummer zwei und drei bringt, die einen Hauch zugeknöpfter gekleidet sind. Das Buch handelt von einer Familie - Vater, Mutter, Teenager-Tochter -, die in finsterer Nacht mit einem alten Mercedes durch die Wüste fährt. Der Mann konzentriert sich auf die Fahrbahn, während die Frauen mit ihren Fingern an ihren roten Haaren spielen. Im Kopfkino der Leserin Susan, die sich beim Umblättern ebenfalls durch ihre roten Haare fährt, sind die Hauptrollen dieser Geschichte sofort prägnant besetzt: Der Mann am Steuer (Jake Gyllenhaal) sieht aus wie ihr Ex, die Frauen wie leichte Variationen von ihr selbst.