"Nobody" im Kino:Die Rache der Hühnerbrust

Lesezeit: 2 min

Er will sich doch nur spüren: Bob Odenkirk als kampflustiger Killeragent in "Nobody". (Foto: imago images)

Im Film "Nobody" wird Bob Odenkirk, bekannt als gewissenloses Anwaltswiesel aus "Breaking Bad", zur Killermaschine.

Von Tobias Kniebe

Eine Vorstadtfamilie wird nachts von Einbrechern überfallen, der Vater hat das schwere Golf-Eisen schon zum Gegenangriff erhoben, aber vor dem entscheidenden Schlag scheut er zurück. Nichts Schlimmes passiert. Der Sohn aber hat gegen die vermummten Eindringlinge gekämpft und fühlt sich alleingelassen, die Frau schaut ihren Mann seltsam an. Und dieser - sein Name ist Hutch Mansell - fühlt sich unzulänglich. Mit dieser nicht ganz unrealistischen Situation, die dem Hauptdarsteller Bob Odenkirk tatsächlich einmal fast so passiert ist, beginnt der Film "Nobody".

Newsletter abonnieren
:SZ Film-Newsletter

Interessante Neuerscheinungen aus Film, Streaming und Fernsehen - jeden Donnerstag in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Odenkirk, der in den gefeierten Fernsehserien "Breaking Bad" und "Better Call Saul" sehr eindrücklich ein gewissenloses Anwaltswiesel namens Saul verkörpert hat, wäre nun wirklich ein guter Protagonist, um das clevere Psychogramm eines solchen männlichen Normalbürgers zu entfalten. Eines Mannes, in dem noch Reste von atavistischer Lust auf den Gegenschlag stecken, dazu uralte Beschützer- und Verteidigerinstinkte, dessen Rationalität und Kenntnis des Strafgesetzbuchs ihm aber unzweifelhaft nahelegen, seine Fäuste ein für allemal in der Tasche zu lassen. Hätte ein spannender Film werden können. Wurde es aber nicht.

Der Autor Derek Kolstad hat nämlich die sehr gemetzelige "John Wick"-Filmreihe erfunden, während der Regisseur Ilya Naishuller ein russischer Filmemacher mit Indierocker-Sensibilitäten (und eigener Band) ist. So richtig los geht es erst in dem Moment, in dem klar wird, dass Hutch früher eine im Staatsdienst ausgebildete Killermaschine von extremer Tödlichkeit war, Codename "Nobody" aka "Der Revisor". Nach diesem Überfall juckt es ihn doch wieder sehr in den Fingern, aller Sehnsucht nach Familie und Vorstadt zum Trotz, jemanden totzuschlagen oder zumindest zum Krüppel.

YouTube

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von YouTube angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von YouTube angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Kaum macht er das, klappt es auch mit dem ehelichen Sex wieder, selbst sein Sohn gewinnt Respekt vorm Papa. Als psychisches Befreiungsszenario ist das natürlich lachhaft. Auch Odenkirks bisher eher hühnerbrüstige Rechtsverdreher-Persona und sein Alter (fast 60) weisen stark in Richtung nicht ganz freiwilliger Comedy. Vielleicht ist es aber auch wirklich nur komisch gemeint, wenn er sich aus Versehen mit den Falschen anlegt und danach die halbe Russenmafia Amerikas äußert blutig plattmachen muss. Immerhin kann man dem Film keine Prätention vorwerfen. Es geht - simpel, aber sehr effektiv - um eine Art Müllabfuhr fürs Triebleben. Corona-Leugner könnten hier zum Beispiel einen unbewussten Gefühlsstau auflösen, der sie schon lange quält - und sich hinterher verwundert fragen: Weltverschwörung? War da was?

Nobody , USA 2021 - Regie: Ilya Naishuller. Buch: Derek Kolstad. Kamera: Pawel Pogorzelski. Mit Bob Odenkirk, Aleksey Serebryakov, Connie Nielsen. Universal, 92 Minuten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBob Odenkirk im Interview
:"Ich vertrat die Ansicht, dass der andere Typ ein Volltrottel war"

Der Schauspieler Bob Odenkirk spricht über Schlägereien, Männlichkeit und das Gefühl, bei einem Überfall seine Familie nicht genug beschützt zu haben.

Von Jakob Biazza

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: