Das Museum zum Roman: Nobelpreisträger Orhan Pamuk hat einen neuen Roman veröffentlicht. Das fiktive Museum der täglichen Dinge darin, wird jetzt Wirklichkeit.
Von der Stadt auf der anderen Seite des Meeres dringt ein Brummen herüber. Morgens klingt es heller und lauter, abends ist der Ton deutlich tiefer und leiser. Aber das Geräusch ist immer da. Nie ist es still. Wenn Orhan Pamuk in seiner Sommerwohnung auf einer der Prinzeninseln am Schreibtisch sitzt, kann er Istanbul nicht sehen. Pinien, wilde Pistazien, Lorbeerkirschen versperren ihm den Blick auf das Wasser und auf die Stadt, die sich in einem gewaltigen Bogen um die Prinzeninseln streckt. Aber er hört die Stadt, er kann ihrem Ton nicht entgehen. Von der Kuppe eines Hügels oberhalb des Hauses, zwischen struppigem Gras und Feigenbüschen, sieht man sie dann: Von Büyükçekmece im Westen bis nach Gebze im Osten reicht die Stadt, immer an der Küste des Marmara-Meeres entlang, und das sind siebzig oder neunzig oder noch mehr Kilometer. Als die Häuser hier gebaut wurden, in den sechziger Jahren, im Bungalow-Stil mit Souterrain, lagen gegenüber nur ein paar Fischerdörfer. Die Hochhäuser, die Moscheen, die Uferpromenaden, die Fabriken, die Autobahnen, ja, auch die Menschen - es ist alles neu.
"Das Museum der Unschuld", Orhan Pamuks neuer Roman, handelt von Füsun und Kemal, einer jungen Frau, die in einer Boutique aushilft, und von einem kaum älteren Mann, der dabei ist, eine standesgemäße Verlobung einzugehen und als Unternehmer das Erbe seines Vaters anzutreten.
Text: Thomas Steinfeld Fotos: Sedat Mehder