Welcher Autor hat seinen Klassiker der Weltliteratur schon im Mode-Milieu angesiedelt? Zwar sieht man ab und an lesende Models in Backstagebereichen sitzen, aber meist hinter einem zerfledderten Bestseller, der von Geishas oder den Intrigen auf Eliteinternaten handelt und in dessen Verfilmung sie sich eine Nebenrolle erhoffen.
Victoria Beckham.
(Foto: Foto: ap)Dass man Modemagazine lieber durchliest als durchblättert, würden wohl nicht einmal die Macher von Modemagazinen behaupten. Und so weiß man erst seit dem Bestsellererfolg von "The Devil wears Prada", wie unterhaltsam es sein kann, über die Modewelt zu lesen.
Auch das kürzlich erschienene Enthüllungsbuch "Fashion Babylon" - der Ko-Autor heißt vorsorglich "Anonymous" - birst vor hinterhältigen Anekdoten. Und eine davon geht so:
Kostenlose Outfits für Prominente
Vor Jahren, als Tom Ford noch Creativdirektor von Gucci war, stieß er auf ein paar Fotos von Victoria Beckham, die in einem seiner Outfits durch die Gegend stakste.
In großer Sorge ließ er sich mit seiner Londoner PR-Frau verbinden und forderte die sofortige Beendigung dieses ärgerlichen Unfugs, denn natürlich verschickte ein Label wie Gucci schon damals kostenlose Outfits an Prominente. Und an viele eben bewusst nicht - wie an Victoria Beckham.
Die Londoner PR-Frau jedenfalls fand heraus, dass Beckham ihre Sachen in einer Gucci-Boutique kaufte, und das sogar für den vollen Preis, wie jede andere Kundin auch. Woraufhin der Meister sich an den Hals griff und röchelte: "Dann haltet sie ab sofort davon ab!"
Gefahr von Verprollung
Tom Ford war damals einer der Ersten, der erkannte, dass die Dämme des modischen Klassensystems im Begriff waren zu brechen. Der ultimative Albtraum ereilte dann bekanntlich vor einigen Jahren Burberry.
Das etwas eingestaubte Label verprollte, nachdem die Firma ihre Verluste in den Neunzigern mit einer viel zu plakativen Produktstrategie zu kompensieren versucht hatte. Und so musste sich eines der alteingesessensten Labels überhaupt komplett neu erfinden und positionieren.
Die eilends engagierte Managerin Rose Marie Bravo ließ die Karos von den Produkten verschwinden und heuerte erst den Italiener Robert Menichetti und dann den Briten Christopher Bailey als Hausdesigner an.
Heute ist Burberry eines der profitabelsten und respektiertesten Labels der Welt - weil es den Imagewechsel rechtzeitig und drastisch vollzog.
Calvin Klein erholt sich noch von den Achtzigern und Neunzigern, als man das Label mit billigen Sub-Labels einer breiten Öffentlichkeit zugänglich und damit für die High Society unattraktiv gemacht hatte.