Nicki Minaj in Saudi-Arabien:Einigkeit und Rap und Freiheit

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Nicki Minajs Absage scheint logisch. Auf den ersten Blick.

(Foto: REUTERS)

Die Rapperin Nicki Minaj sagt einen Auftritt in Saudi-Arabien ab. Janet Jackson spielt. Hat die Popmusik so etwas wie politische Verantwortung? Und wenn ja, wo?

Kommentar von Carolin Gasteiger

"Musik vereint uns" - was auf der Homepage des Jeddah World Fests versprochen wird, dürfte Onika Tanya Maraj alias Nicki Minaj anders sehen. Anfang der Woche sagte die amerikanische Rapperin ihren Auftritt in Saudi-Arabien ab, aus politischen Gründen. Janet Jackson sowie die Rapper 50 Cent und Future werden dagegen programmgemäß beim Jeddah World Fest auftreten, weswegen mal wieder die Frage ist: Hat die Popmusik so etwas wie politische Verantwortung? Und wenn ja, wo?

Nicki Minaj hatte auf den Druck von Menschenrechtsorganisationen ihren Auftritt abgesagt. Ihr sei es wichtig, ihre "klare Unterstützung für die Rechte von Frauen, der LGBTQ-Community und für die Meinungsfreiheit zu zeigen", erklärte sie und folgt damit der Formel, nach der Pop stets politisch ist und sich ein Künstler, der in einem repressiven Land auftritt, mit dem dortigen Regime gemein macht.

Tatsächlich geschieht ohne die Zustimmung des Kronprinzen Mohammed bin Salman in Saudi-Arabien nichts. Das Jeddah World Fest gehört unmittelbar zu bin Salmans "Vision 2030", einem Projekt, das neue Wirtschaftszweige erschließen soll. Jüngst erlaubte der Kronprinz Frauen das Autofahren, dann begann er, eine Unterhaltungsindustrie aufzubauen. Mit Maßnahmen wie diesen will er Saudi-Arabien für westliche Investoren interessanter machen. Er ließ Kinos und Theater eröffnen und internationale Weltstars einfliegen. Liberal ist das alles jedoch nur vordergründig, Regimekritiker werden härter bestraft denn je, manche sogar ermordet.

Wenn nun also ein Popstar in Saudi-Arabien auftritt, sollte er wissen, welches Regime seinen Auftritt genehmigt hat. Künstler wie Minaj, die in ihren Songs die Gleichbehandlung von Minderheiten fordern, verraten sich im Grunde selbst, wenn sie Aufträge von Staaten annehmen, in denen Homosexuellen immer noch die Todesstrafe droht. Vor diesem Hintergrund erscheint Minajs Absage nur logisch.

Die Reaktion eines Fans zeigt allerdings, dass es doch nicht so einfach ist mit dem Pop-Boykott: "Warum hast du nicht für uns gekämpft?", fragte eine Kommentatorin via Instagram nach der Absage, und Minaj antwortete: "Ich dachte, dass ich genau das getan habe."

Wegen dessen repressiver Politik in einem Land nicht mehr aufzutreten, mag ein Zeichen an Menschenrechtsorganisationen sein. Die Menschen im Land jedoch, die wollen, dass dort dissidente Musik zu hören ist, haben nicht zwangsläufig etwas davon. Aus deren Sicht gilt eher: Pop, der Liberalität und Minderheitenrechte feiert, muss nach Saudi-Arabien. Allerdings ohne sich dabei instrumentalisieren zu lassen. Der DJ-Superstar David Guetta etwa spielte bei einem Auftritt Anfang des Jahres in Riad einen "König Salman Remix".

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