Süddeutsche Zeitung

Nick Nolte zum 70.:Hämisch in Hollywood

Mit 51 Jahren war Nick Nolte der "Sexiest Man Alive". Er galt als Hollywoods härtester Kerl, nicht nur auf der Leinwand - und er spielte die miesesten Cops. Nun wird er 70.

Doris Kuhn

In den letzten Jahren ist Nick Nolte dem Kino weitgehend abhandengekommen. Trotzdem: Sobald man an miese, massige, erschreckend selbstherrliche Cops denkt, taucht er aus der Erinnerung auf, sein scharfer Blick, die stillose Frisur, das hämischste Grinsen Hollywoods. Damit hat Nick Nolte jeden Polizisten ausgestattet, den er in seiner Laufbahn verkörpern musste, und das waren eine Menge. Aber er wusste auch, dass es mit Mittelscheitel und Schnauzbart allein nicht getan war. Was seine Cops so gefährlich machte, war die Gewalt, die sie umgab, selbst in ihren jovialen Momenten. Das war der Grund, warum er all die Rollen bekam, für die Clint Eastwood zu hübsch und Jeff Bridges zu lässig war, und warum der Zuschauer hinterher die Namen Eastwood oder Bridges völlig vergessen hatte.

Die bekannteste von diesen Figuren lieferte ihm Walter Hills Komödie "Nur 48 Stunden", der Film, der nicht nur Eddie Murphys Karriere startete, sondern der auch das Buddy-Movie um einen raren Culture-Clash bereicherte. Der weiße Polizist Nolte und der schwarze Gangster Murphy gehen darin gemeinsam auf Verbrecherjagd, und nachdem sie sich lang genug beleidigt und verhauen haben, findet Nick Nolte in seinem Begleiter einen gleichwertigen Partner und Eddie Murphy in Nick Nolte ein Gewissen. "Nur 48 Stunden" ist so lustig, dass der Film sich von 1982 bis heute gehalten hat, als eine der wenigen Gelegenheiten, bei der Teenager sehen können, was der Polizeifilm früher konnte, als Regisseure und Schauspieler sich vor Political Correctness noch geradezu gefürchtet haben.

Körpergröße und goldenes Haar

1982 war Nick Nolte schon über 40 Jahre alt, im Kino allerdings erst seit gut fünf Jahren zu sehen. Bis er 35 war, trieb er sich im Theater herum, dann übernahm er ein paar winzige Rollen in Hollywood-Randproduktionen. Erst mit der Fernsehserie "Rich Man, Poor Man" wechselte er dauerhaft zum Film, er war der arme Mann, der rebellische Boxer, der dafür Körpergröße und goldenes Haar zu bieten hatte. Das brachte ihm eine Hauptrolle in "Die Tiefe" und ein Titelfoto auf dem People-Magazin, als neue Sexbombe Hollywoods. Was Nolte gleich zur Flucht in die Gegenkultur veranlasste: Er spielte Neal Cassidy auf Speed, er porträtierte den Dallas-Cowboys-Footballspieler Peter Gent als Opfer beliebiger anderer Drogen. Dieser Film, "North Dallas Forty", sei immer noch sein Lieblingsfilm, erzählte Nolte einmal, und vielleicht liegt das auch daran, dass er nur in ihm von Männern umgeben ist, die größer sind als er.

Sonst ist meist Nick Nolte derjenige, der alle am Set überragt. Er kommt aus Omaha, Nebraska, aus einer Familie von hochgewachsenen, trinkfesten Männern. Beides schätzte Nolte. Das mit der Größe bekam er hin, aber um das Trinken einfacher zu gestalten, fälschte er für sich und seine Kumpels Einzugsbefehle nach Vietnam. Das war Mitte der Sixties, und solche Dokumente ermöglichten den Aufenthalt in Bars, auch wenn man unter 25 war. Nolte wurde erwischt und verurteilt, was ihn davor bewahrte, eingezogen zu werden. Dafür hat er den Kriegseinsatz mehrfach im Kino nachgeholt, in Terrence Malicks "The Thin Red Line" oder zuletzt in "Tropic Thunder". Wobei ihm die Generale immer recht manisch gerieten, kein Vergleich zur Bedrohlichkeit seiner Cop-Figuren. Allerdings auch kein Vergleich zu den wenigen Malen, in denen er den Kämpfer gegen den Liebhaber eintauschte, wie etwa als "Herr der Gezeiten", einer Beziehungsstudie von Barbra Streisand. Sentimentaler kamen Liebesgeschichten kaum daher, Nick Nolte trug Brille, bekam einen Golden Globe, eine Oscarnominierung und erneut ein People-Cover, diesmal als der "Sexiest Man Alive". Klingt toll, vor allem weil Nolte bereits 51 war, aber wenn man weiß, dass im Jahr vor ihm Patrick Swayze den Titel holte, relativiert sich der Glamour spontan.

Was länger hält als Sexappeal, sind zwei, drei seiner Filme, die man nie vergisst, wie der finstere NY-Thriller "Q&A" oder das Vater-Sohn-Drama "Affliction". Angeblich war es dessen Misserfolg bei den Oscars, der Nolte nach zehn Jahren Abstinenz wieder in die Bars getrieben hat. Dort sitzt er nun und erzählt den Unerschrockenen Geschichten, dass er ein Jahr in einem mexikanischen Bordell logierte, schon in den Dreißigern geboren sei, solche Sachen. Wahrscheinlich ist ihm langweilig, mit all den Hollywoodbürschchen, die ihren Ruf mehr schätzen als gute Unterhaltung. Deshalb wünschen wir Nick Nolte eine rauschende Geburtstagsparty, denn der große Mann wird an diesem Dienstag siebzig.

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SZ vom 08.02.2011/tolu/rus
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