Kolumne "Nichts Neues":Weitertanzen

Kolumne "Nichts Neues": Die argentinische Choreografin und Tänzerin Marcia Moretto

Die argentinische Choreografin und Tänzerin Marcia Moretto

(Foto: Kado Kostzer/Didiscaliad del teatro caminito)

Vor 40 Jahren starb Marcia Moretto, ein Lied erinnert bis heute an sie. 

Von Johanna Adorján

Es gibt Songs, die für immer aufregend klingen, egal, wie oft man sie schon gehört hat. Einer, für den das besonders gilt, ist "Marcia Baïla" von der französischen Gruppe Les Rita Mitsouko, die in der ersten Hälfte der Achtzigerjahre, als man aus irgendeinem Grund aus anderen Ländern Europas mehr an Kultur mitbekam, das Extravaganteste war, das man sich im Rahmen der Popmusik überhaupt vorstellen konnte. Die Band bestand aus einer Sängerin mit asiatisch anmutender Frisur und einem cool (im Sinne von: unterkühlt) wirkenden Mann mit dünnem Schnurrbart. Ihr Riesenhit, eben "Marcia Baïla" aus dem Jahr 1984 treibt heute noch Menschen auf die Tanzfläche, wo sie dann diese seltsamen Urschreie mitmachen, die darin vorkommen ("uuu-a, uu-a") und sich auffallend expressiv bewegen, denn dazu lädt die Musik ein. Ein melodisch herumstreunender Bass treibt den Song vor sich her, dessen Spannung sich im Refrain entlädt, in dem die Sängerin, Catherine Ringer, mit Wut in der Stimme irgendwas vom Tod singt - "c'est la mort qui t'a assassinée Marcia" -, wobei sie theatralisch das R rollt.

Wer aber ist diese Marcia, und was hat es mit diesem Text eigentlich auf sich?

Marcia Moretto, 1949 geboren, war eine in Paris lebende argentinische Tänzerin, die Catherine Ringer Mitte der Siebziger mal auf einer kleinen Bühne in der Nähe von Montparnasse sah. Moretto tanzte da eine argentinisch inspirierte Choreografie, bei der sie an Stricken befestigte Lederkugeln, bolas, kreisen ließ, wie Gauchos sie zum Einfangen entlaufener Rinder nutzen. Immer wieder habe sie diese auf den Boden gepeitscht, sich dabei extrem graziös bewegt und ausgesehen wie Olive Oyl, die Frau aus dem Popeye-Comic - sehr lang und dünn und mit dunklen Haaren, erinnert sich Ringer in einem kurzen Video, das sich im Internet findet. Ringer war so beeindruckt, dass sie daraufhin bei Moretto Tanzunterricht nahm und auch mit ihr auftrat. Und dann erkrankte Moretto schwer an Brustkrebs und starb daran 1981, gerade mal 32-jährig.

Das Leben ist kurz, der Tod holt uns alle, und solange wir es nur können, sollten wir tanzen. Daran erinnert dieses grandiose Lied.

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