New York und der 11. September:Freiheit und Fiasko

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Auch acht Jahre nach den Anschlägen vom 11. September stecken die Wiederaufbauarbeiten im bürokratischen Sumpf von New York fest. Zudem verlangt der Investor finanzielle Hilfe von der Stadt.

Jörg Häntzschel

Wie jedes Jahr werden heute, am achten Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September, wieder die Kameras an Ground Zero aufgestellt, die Namen der Toten verlesen, des blauen Himmels gedacht, und wie er sich dann so verdüsterte. Doch anders als bei den ersten dieser Gedenkfeiern ist die Leere, auf die man mitten in Manhattan hinter den Feuerwehrleuten, Politikern und den Angehörigen der Opfer blicken wird, heute nicht mehr nur schmerzhafte Erinnerung an das Zerstörungswerk der Terroristen.

Quälend langsame Bauarbeiten: So sah es am 27. August in der Baugrube von Ground Zero aus. (Foto: Foto: AP)

Dass auf dem riesigen Gelände bis heute kaum Nennenswertes entstanden ist, ist das sichtbarste Symbol für den bürokratischen und politischen Sumpf, in dem so gut wie alle größeren öffentlichen Projekte in New York versinken. ,,Natürlich können wir Irak nicht wieder aufbauen. Wir kriegen es ja nicht einmal in Downtown New York hin'', sagte der Fernsehtalker Bill Maher schon 2006.

Acht Jahre nach dem Anschlag ist nur ein einziges Gebäude fertig - der am Nachmittag des 11. September eingestürzte Büroturm World Trade Center 7. Überall sonst sind die Bauarbeiter noch immer mit den Fundamenten und Tiefgeschossen beschäftigt. Nur in der Nordwestecke ist man schon über das Straßenniveau hinausgekommen. Dort sind Teile der ersten sieben Stockwerke von One World Trade Center zu sehen, dem höchsten und bekanntesten der geplanten Türme, der bis März noch martialisch ,,Freedom Tower'' heißen sollte.

Machtloser Bürgermeister

Es gibt auch sonst ein paar bescheidene Fortschritte: Der Nahverkehrsbahnhof, den Santiago Calatrava entworfen hat, wächst im Untergrund heran; und auch die Gedenkstätte mit Museum und zwei Wasserbecken auf dem Grundriss der beiden Türme ist schon zu erkennen. Sie soll am zehnten Jahrestag des Anschlags eröffnet werden. Vom ursprünglich geplanten Kulturzentrum ist allerdings keine Rede mehr.

Dass der Wiederaufbau von Ground Zero so quälend langsam vonstatten geht, liegt vor allem an dem Netz konfligierender Interessen, in dem sich jede Entscheidung unweigerlich verfängt. Außer den Angehörigen der Opfer, den Anwohnern und dem New Yorker Bürgermeister, ist da vor allem die Verkehrsbehörde von New York und New Jersey Port Authority, der der Grund gehört, auf der anderen Seite Pächter des Geländes Larry Silverstein.

Seit dem Baubeginn vor zweieinhalb Jahren hat deren Dauerstreit an Schärfe nur zugelegt. Und weil im Untergrund des Geländes außer den Fundamenten und dem Memorial ein Geflecht aus U-Bahnlinien, Regionalbahnen, Tunneln und LKW-Zufahrten wuchert, lähmt jede kleine Verzögerung den Fortgang an etlichen anderen Stellen.

Streit um die Finanzierung

Während der Bau von Bahnhof, Denkmal und dazugehörigem Museum also schleppend voranschreitet, wird um die drei Wolkenkratzer, die neben One World Trade Center vorgesehen sind, weiterhin gestritten. 2006 hatte sich die Port Authority verpflichtet, die Ausschachtungen für die Gebäude bis Juni 2008 fertigzustellen. Tatsächlich zog sich die Arbeit bis Ende August hin. Für jeden Tag, den die Port Authority hinter dem Plan blieb, zahlte sie 300000 Dollar Strafe an Silverstein. Dieser ist wiederum verpflichtet, die Türme bis 2014 zu bauen.

Silverstein jedoch verlangt für den Bau finanzielle Hilfen von der Stadt. Wegen der Kreditkrise und der Rezession habe er weder die Finanzierung für seine Projekte sicherstellen noch Mieter finden können, argumentiert er. Bislang beißt er bei der Port Authority allerdings auf Granit. Sie hat nicht nur genügend eigene finanzielle Probleme, es fällt ihr auch schwer zu erklären, warum sie private Bürohäuser subventionieren soll.

Entnervt von dem immer peinlicheren Fiasko, bestellte Bürgermeister Michael Bloomberg die beteiligten Parteien im Frühjahr zu einer Serie von Gesprächen. Doch auch das half nicht, den gordischen Knoten zu zerschlagen, denn letztlich ist Bloomberg im Gefüge zwischen Pächter und Port Authority machtlos. Anfangs hatte Bloomberg sich dabei noch empört gezeigt von Silversteins Forderungen, und öffentlich gefragt, ob es wirklich sinnvoll ist, eine weitere Million Quadratmeter auf einen ohnehin schon mit leeren Büroflächen überschwemmten Markt zu werfen. Zuletzt schien er allerdings Zugeständnisse an Silverstein zu befürworten. Wenn es denn hilft, damit das leidige Loch in der Skyline eines Tages endlich zu füllen.

© SZ vom 11.09.2009/maz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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