Der Lärm der Stadt verebbt, die Moskwa macht zwischen Weiden eine Biegung, rechts beginnt irgendwann der Gorki-Park, links füllen goldschimmernde Zwiebeltürme und ziegelrote Bastionen unerwartet das Bild. Am Nowodewitschi-Kloster, dem Neujungfrauenkloster, ist man sehr weit weg von der zuckrigen Machtarchitektur des Kreml, der kalten Parteidiktaturgeste der Sowjetbauten und den tosenden vielspurigen Straßen Moskaus.
Das Neujungfrauenkloster ist ein Ort im Ort, ein irgendwie verzaubertes Unikat und, ja auch das, ein erfreulicher Verweis auf das ansonsten so abgedroschene Bild vom alten Russland. Jetzt aber, in der Nacht auf Montag, hat es in dem alten Moskauer Wehrkloster aus dem 16. Jahrhundert gebrannt.
Feuerwehr ging vom Schlimmsten aus
Dass die Feuerwehr eine Katastrophe verhindert hat, muss ihr hoch angerechnet werden in Zeiten, in denen Russland und seiner Führung ansonsten wenig Sinn steht nach der Rettung historischer Bauten. Erst vor Kurzem gingen beim Feuer in einer Bibliothek der Akademie der Wissenschaften ungezählte historische Bände in Flammen auf.
Der Brand in dem noch immer von mehr als zwei Dutzend Nonnen bewohnten Kloster ist im Glockenturm ausgebrochen. Dieser war offenbar wegen Renovierungsarbeiten eingerüstet und geriet wohl wegen eines Kurzschlusses in Flammen.
Anscheinend ging die Feuerwehr vom Schlimmsten aus, fürchtete um den Gesamtkomplex und wollte zeitweise sogar Löschhelikopter einsetzen. Das war nicht nötig; Vizekulturminister Grigori Prumow gab am Tag danach offiziell Entwarnung. Gebrannt habe vor allem das Gerüst: "Wahrscheinlich hat der Turm mit Ausnahme von Rußschäden nicht gelitten."
Russische Geschichte in einer einzigartigen Verbindung
Auch wenn das Schlimmste verhindert werden konnte, dürfte das Löschwasser einige Schäden angerichtet haben an der alten Bausubstanz.
Das Neujungfrauenkloster zählt seit 2004 zum Unesco-Weltkulturerbe. Denn es erzählt vor allem in Kombination mit seinem Ehrenfriedhof russische und sowjetische Geschichte in einer einzigartigen Verbindung. Politiker, Dichter, Romanciers, Balletttänzer, Musiker, Sänger und Schauspieler liegen hier: Der Gang zwischen den Gräbern führt von Autor Anton Tschechow, Nikolai Gogol und Wladimir Majakowski bis zur letzten Ruhestätte des an der Kremlmauer unerwünschten Generalsekretärs Nikita Chruschtschow.