Süddeutsche Zeitung

Neuhausen:Vier Münchner retten das Traditionskino Maxim

Die üblichen Hollywood-Blockbuster sollen nicht mehr gespielt werden, wenn das Lichtspielhaus im Oktober wiedereröffnet wird.

Von Sonja Niesmann

Am Ende hat es Siegfried Daiber krachen lassen. Nachdem der Kampf der Mieter gegen die Kündigung verloren ist, sprengen sie das Haus in die Luft. So erzählt es die kolumbianische Tragikomödie "Die Strategie der Schnecke", die Daiber, der langjährige Pächter des Maxim, als letztes zeigte, ehe er sein Kino dichtmachen musste. Die satte Mieterhöhung konnte er nicht zahlen.

In der Wirklichkeit geht die Geschichte anders, aber nicht minder schön: Das Haus bleibt stehen - und das Kino lebt weiter. Im Oktober werden vier Münchner das mit seinen 104 Jahren drittälteste Lichtspielhaus der Stadt wiedereröffnen, als Neues Maxim. "Wir haben die Berichte über die bevorstehende Schließung verfolgt und sehr bedauert, dass nach dem Türkendolch, der Lupe, dem Filmcasino und dem Eldorado schon wieder ein Traditionskino mit Seele sterben soll", sagt Beate Muschler, die Sprecherin der Gruppe.

Alleine hätte es keiner von ihnen gewagt, ein Kino zu betreiben, aber in dieser Formation "bringt jeder seine Fähigkeiten ein". Direkt aus der Branche kommt nur die Kino- und Eventmanagerin Anne Harder, mit Anfang 30 die jüngste der vier, die auch die Geschäftsführung übernehmen wird. Muschler und ihr Mann Bernd Krause bezeichnen sich als Cineasten, Krause war einst als Student im AFK, einem Karlsruher Programmkino stark engagiert. Die vierte im Bunde ist die Architektin Regine Stoiber.

Die üblichen Hollywood-Blockbuster mit den immer gleichen Schauspielern wird es nicht geben im Neuen Maxim. Ein Arthaus-Kino soll es werden, mit anspruchsvollen Filmen, die dennoch den Geschmack vieler Kinogänger treffen - "wir sind ja nicht auf einem Selbstverwirklichungstrip", stellt Beate Muschler klar. Vielleicht gibt es auch mal ein Konzert zum Film, das Buch zum Film oder eine andere kulturelle Veranstaltung. Das Neue Maxim soll auch ein Treff im Stadtteil werden - es ist Neuhausens einziges Kino.

Ehe sich der Vorhang wieder hebt, steht eine Grundrenovierung in den arg angestaubten Räumlichkeiten an. Teile der Fassade sind bereits herausgebrochen worden, durch die hohen Mauerbögen gähnt der leere Saal die Passanten an. In die großzügigen Öffnungen wird abdunkelbares Glas eingesetzt, 80 bequeme neue Kinosessel sind schon beschafft, eine neue Leinwand bestellt.

Gastro-Ecke und ein kleiner Saal im Keller

Im etwas vergrößerten Foyer wird es eine kleine Gastro-Ecke geben. Und im Keller ist ein zweiter Saal mit 30 Plätzen entstanden, in dem Filmreihen gezeigt werden können, Dokumentationen, fremdsprachige Filme und Kinderfilme. Zudem muss die Vorführtechnik in beiden Sälen digitalisiert werden - eine beträchtliche Investition.

Am kommenden Mittwoch, 19 Uhr, direkt auf der Kino-Baustelle an der Landshuter Allee, wird deshalb ein Förderverein gegründet. Er soll das Quartett, das sein Projekt mit privatem Geld stemmt, bei der Sanierung finanziell unterstützen, aber auch später im laufenden Betrieb, etwa bei Festivals, helfen. In Daibers Maxim liefen die Bilder bis zuletzt über alte Projektoren. Die schaltete er gegen Ende seiner 40-jährigen Pächterzeit immer öfter auch mal für nur eine Person im Zuschauerraum ein.

Dennoch war das Wehklagen im Netz und in Leserbriefspalten nach der letzten Vorführung im Juni groß, auch bei jenen, die selten oder nie den Weg ins Maxim mit seinem zugegeben sehr eigenwilligem Programm fanden. Manche gestehen das wenigstens ehrlich ein: "Wir hätten öfter ins Maxim gehen sollen." Nun lässt sich das Versäumte nachholen. Vom 6. Oktober an.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3080754
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 16.07.2016/imei
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.