Neues Logo der FDP:Fade, derb, platt

Neues Logo der FDP: Purpur eingefärbt: das neue Logo der Liberalen.

Purpur eingefärbt: das neue Logo der Liberalen.

(Foto: oh)

Das Logo horizontal statt vertikal, eine bodenständige Schrift, ein Neunzigerjahre-Magenta: So sieht der Comeback-Versuch der FDP aus. Deutschlands einflussreichster Schriftgestalter findet das neue Logo kindisch. Allein einen Vorteil habe es.

Von Gerhard Matzig

Ein Werbespot: Die junge Frau rekelt sich in der Wanne, das Haar ist lang und blond. Ein Föhn macht lautstark darauf aufmerksam, dass sich die Schaumgeborene in Lebensgefahr befindet. Wasser, Strom . . . schon klar, gleich gehen alle Lichter aus. Da endet der Spot mit dem Hinweis: "Wir brauchen dringend mehr Geld für Bildung. FDP."

Wie man eine Wahl mit einem Blondinenwitz erfolgreich per Spot bestehen kann, hat die FDP schon vor 15 Jahren vorgeführt. Damals war die FDP ziemlich weit unten, und als ein gewisser Möllemann das Ziel der Liberalen kurz vor der NRW-Landtagswahl im Frühjahr 2000 mit "acht Prozent" angab, hagelte es Hohn und Spott. Es wurden dann unglaubliche 9,8 Prozent. Das Gelächter erstarb - und die FDP war: auferstanden. Auferstanden aus dem Badeschaum einer Kampagne, die als erfrischend wahrgenommen wurde. "Deutschlands frechste Werber kommen aus Berlin", hieß es etwa im Berliner Kurier. Das Föhn-Ding hatte sich die damals gerade erst gegründete Agentur "Heimat" ausgedacht. Halb Deutschland lachte darüber, die FDP kam also auch mit Hilfe einer Werbeagentur wieder auf die Beine.

Daran mag sich der schon insofern gläubige FDP-Chef Christian Lindner (der selbst einmal eine Werbeagentur aufgebaut hat) erinnert haben. Das neue, farblich, textlich und typografisch stark veränderte Logo der Liberalen, das er am Dienstag auf dem Stuttgarter Dreikönigstreffen vorstellte und das für "Tatkraft, Optimismus und Freiheitsliebe" stehen soll, könnte also einmal mehr zur Renaissance der Liberalen beitragen. Nötig wäre es ja.

Willkommen in den Neunzigerjahren

Vor allem um diese Veränderungen im Partei-Logo geht es: Aus dem zuletzt vertikal organisierten Schriftblock (oben: "FDP", unten: "Die Liberalen") wurde nun ein horizontal akzentuierter Schriftblock. Oben ist jetzt zu lesen: "Freie Demokraten", darunter steht: "FDP". Aus den Liberalen sind also Demokraten geworden. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Die freien Demokraten haben sich zu ihren seit 1965 verwendeten und spätestens seit dem Wahlkampf unter Walter Scheel auch bundesweit angestammten Ikea-Farben Gelb und Blau die "neue" Farbe Magenta erwählt. Die nicht nur an den Flop der Telekom-Aktie erinnert, sondern auch sonst nur insofern als neu zu bezeichnen ist, als man jetzt den FDPlern zurufen darf: Willkommen in den Neunzigerjahren!

Mit einem rechteckigen Magenta-Balken sind jetzt die Versalien "FDP" hinterlegt - als sei die Partei nun purpur eingefärbt. Wie schon die SPD zuvor. Heller dagegen ist das Blau. Seltsam verblasst, verniedlicht. Eine weitere Innovation, die eher modisch als innovativ motiviert sein dürfte: Die bisher verwendete serifenlose Schrift, schlank und elegant, wirkt nun als serifenbetonte Antiqua-Schrift so, als habe sie sich in den Weihnachtsfeiertagen überfressen. Etwas dicklich und derb ist sie geworden und lässt nun an eine leicht veränderte "Caecilia" denken, die im Font-Ranking der "100 besten Schriften" nicht zu Unrecht erst auf Platz 81 auftaucht.

Serifenschriften erinnern an die Geschichte der Schrift. Weil das anfängliche Ritzen und spätere Meißeln der Buchstaben in Stein schwierig war, verwendete man die Serifen als rundende An- und Ausläufe der Buchstaben. Im digitalen Zeitalter sind Serifen eigentlich überflüssig, allerdings verbindet man mit solchen Schriften Traditionsverbundenheit. In Manufactum-Zeiten, da das Handwerk wieder etwas gilt, sind solche Schriften derzeit im Trend. Interessant, wie die Hotelier-FDP nun Bodenständigkeit und Handwerklichkeit behauptet.

Man könnte der FDP einen Föhn zum Schaumbad reichen - als aktive Sterbehilfe

Neues Logo der FDP: Erik Spiekermann ist ein deutscher Schriftgestalter und Autor. Einige seiner Schriften, zum Beispiel die FF Meta, gelten als moderne Klassiker.

Erik Spiekermann ist ein deutscher Schriftgestalter und Autor. Einige seiner Schriften, zum Beispiel die FF Meta, gelten als moderne Klassiker.

(Foto: privat)

Nötig wäre eine kleine Verjüngungskur durchaus: Die FDP ist so weit unten, dass man ihr in einem Anfall aktiver Sterbehilfe ruhig auch einen Föhn zum Schaumbad reichen könnte. Das neue Logo stammt übrigens von der immer noch frechen, wenn auch nicht mehr ganz so jungen Agentur "Heimat". Allerdings dürfte dieses Facelift (in der Automobilbranche wird der Begriff für das Aufhübschen von im Grunde unveränderten Modellen verwendet), das seit Dienstag im Netz eher kritisch gesehen und mit Kommentaren wie "affig", "oh mein Gott!!!" oder "billig" versehen wurde, dann wohl doch nicht zur Schaumwiedergeburt einer Totgeglaubten taugen.

"Ob diese Aktion der FDP etwas nutzt, also, ich bezweifle das." Das sagt Erik Spiekermann am Telefon zur SZ. Aus zwei Gründen ist das bemerkenswert. Erstens ist Spiekermann, 67, der einflussreichste Schriftgestalter Deutschlands. Und zweitens ist er "der FDP familiär verbunden". Der Name seines Vaters ist eng verbunden mit der parteinahen Friedrich-Naumann-Stiftung.

Und was hält nun der Sohn vom gestalterischen Comeback-Versuch der Liberalen? Die Kollegen und "Heimat"-Leute findet er jedenfalls sehr gut, "so etwas wie die Hornbach-Kampagne" (Agentur Heimat) müsse man sich "erstmal ausdenken, doch, doch, klasse Leute sind das." Außerdem findet es Spiekermann "klug", dass da nicht mehr zentral "FDP" zu lesen ist ("Parteikürzel lesen sich ja immer wie seltsame Bürokratismus-Formeln"). Sondern eben: Freie Demokraten.

Es kommt in der Politik immer noch auf Inhalte an

"Gut auch, dass Gelb-Blau beibehalten wurde. Aber dann dieses Pseudo-Magenta, und die Proportionen, du liebe Güte. Das Ganze ist nun: schrill, bunt, laut, derb, zeitgeistig . . . boah, also, das kann doch eigentlich kaum jemand schön finden." Und dabei sei es nicht mal besonders neu oder provokant oder sonst wie aufregend, sondern letztlich: banal, "fade". "Man wollte in der FDP jung wirken, und kommt doch nur kindisch rüber." Die Aktion geht also baden. Mitsamt der FDP, die offenbar einen Satz aus Jane Pavitts Buch "Starke Marken" verinnerlicht hat: "Das Markenimage hat eine so zentrale Bedeutung für den Erfolg eines Produkts erlangt, dass es heute ebenso wichtig, wenn nicht wichtiger als die Produktinnovation ist."

Das mag für Faltencremes gelten, aber in der Politik kommt es - theoretisch - immer noch auf Inhalte an. Erst wenn die stimmen, kann man sie auch hübsch verpacken. Erst sind der FDP die Inhalte abhanden gekommen, und jetzt haben sie diesen Mangel auch noch schlecht aussehen lassen. Mehr Krise geht nicht. Erik Spiekermann hält die Aufgabe, die FDP gut aussehen zu lassen, denn auch für grundsätzlich unlösbar - jedenfalls bis auf Weiteres: "Wie gestaltet man ein Produkt, das niemand braucht?"

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