Der Professorensohn David Gilmour aus Cambridge ist ein hochkultivierter, etwas sarkastischer Mann von inzwischen auch schon 68 Jahren. Man trifft ihn zu seltenen Anlässen - zum Beispiel in seinem Zweitwohnsitz, dem Themse-Hausboot Astoria in Hampton im Südwesten Londons.
Das 1911 von Chaplin-Impresario Fred Karno erbaute Juwel und der dazugehörige Park grenzen an das Tudor- Schloss Hampton Court Palace. Dort lädt die Royal Horticultural Society sommers zur Hampton Court Palace Flower Show, wo man sich seltene, bizarr schöne Blumen ansehen kann, um nach einem Gespräch mit Gilmour darüber nachzudenken, was man selbst eigentlich alles falsch gemacht hat im Leben.
"That's a privilege, isn't it?"
Vor knapp zehn Jahren erhielten Pink Floyd ein dem Vernehmen nach im höheren dreistelligen Millionenbereich gelegenes Angebot für eine nur ganz kurze Tour in Originalbesetzung; also gemeinsam mit dem einen winzigen Hauch zu tyrannischen Ex-Kollegen Roger Waters. David Gilmour lehnte ab. Wenn man ihn später fragt "Wieso?", zupft er auf seiner akustischen Gitarre herum und brummt nur: "I was not interested." Da man nun selbst im Grunde kaum daran interessiert ist, mit verhaltensauffälligen Kollegen jeden Tag in einem Hochhaus in eiskalten Konferenzräumen zu sitzen, fragt man: "That's a privilege, isn't it?"
Und Gilmour entgegnet nur: "Sure." All dies muss man wissen, weil man in diesem Herbst quasi täglich das hier hören wird: "Die alten Säcke wollen doch nur noch mehr Kohle scheffeln." Anfang November werden Gilmour und sein Drummer Nick Mason das Pink-Floyd-Album "The Endless River" veröffentlichen. Bekannt ist das, seit Gilmours Frau, die fabelhafte Schriftstellerin Polly Samson, es via Twitter leakte, um einer schon vorbereiteten Exklusivmeldung der verhassten Murdoch-Presse zuvorzukommen.
Das Album wird 18 meist instrumentale Songs enthalten, deren Basis aus dem Material stammt, das die Band 1993 ohne Waters, aber mit dem 2008 verstorbenen, grandiosen Keyboarder Richard Wright für das schöne Spätwerk "The Division Bell" aufnahm. Während die zu erwartenden Geldeingänge den Alltag von Gilmour und Mason auch nicht weiter tangieren werden, ist das für die gestresste Plattenindustrie anders. Pink-Floyd-Fans laden nicht irgendwas irgendwo runter: Sie wollen das Album, das verdammte, geile Teil! Gilmour lässt ausrichten: "Während des vergangenen Jahres haben wir einige neue Parts hinzugefügt, andere neu eingespielt . . . Nachdem Rick von uns gegangen ist, haben wir keine Möglichkeit mehr, dies je zu wiederholen."
Das Cover zeigt einen Mann in einem Boot über den Wolken. Nun ja. Pink Floyd zählen zu den paar einflussreichsten Bands der Welt, nur kommt die Rückkopplung fürs artwork hier nicht von Radiohead oder jungen Elektronikkünstlern wie John Hopkins, sondern aus dem Wolkenkuckucksheim des Cirque du Soleil. Die Titel der Songs, von denen wir noch keinen hören durften, geben aber Anlass zur Vorfreude. Pink Floyd waren ja stets dieser altenglische Mix aus Eleganz, Kino und: dem schwarzen Humor der befreundeten Herren von Monthy Python. Song neun heißt: "On Noodle Street". Wir können es nicht erwarten.