Neuer "Tatort"-Kommissar:Ins Schwarze

Endlich mal ein "Tatort", der nicht wegen seiner angeblichen Versäumnisse gerügt, sondern für seine filmische Intensität gelobt werden kann. Hier die Bilder des gänzlich neuartigen "Tatort".

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Mehmet Kurtulus (Cenk Baut)

Quelle: SZ

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Endlich mal ein Tatort, der nicht wegen seiner angeblichen Versäumnisse gerügt, sondern für seine filmische Intensität gelobt werden kann. Hier noch einmal die Bilder des gänzlich neuartigen Tatorts mit dem neuen Kommissar aus Hamburg, Mehmet Kurtulus als Cenk Batu.

Den entscheidenden Hinweis gab Mehmet Kurtulus vor weit über einem Jahr. Er sagte damals zur Vorbereitung auf seine neuen Rolle als Hamburger Tatort-Kommissar: "Vielleicht ist der Kommissar bereits am Tatort. Ich fahre da nicht mehr mit dem Wagen hin, sondern bin schon da. Die Ermittlung steht sichtbar im Vordergrund." "Auf der Sonnenseite" nannte der Norddeutsche Rundfunk (NDR) den ersten Fall, den Kurtulus, 36, als Cenk Batu lösen muss. Tatsächlich, die Ermittlung steht im Vordergrund, der NDR führt den verdeckten Ermittler in die Tatort-Geschichte ein. Kurtulus hatte diese Idee offenbar sehr früh. Er schloss mit dem NDR einen Vertrag über zunächst sechs Episoden, was einer Laufzeit von drei Jahren entspricht. Verdeckter Ermittler, sagt er, "kann man ja nicht 30 Jahre in der selben Stadt sein".

Foto: NDR/Georges Pauly

Filmszene Tatort Auf der Sonnenseite NDR

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Cenk Batu ist Deutschtürke wie Mehmet Kurtulus und entsprechend in beiden Kulturkreisen problemlos einzusetzen. Batu scheitert zunächst bei der Überführung eines miesen Mafioso deutscher Herkunft, der sein brutales Geschäft im Anzug und hinter der Fassade des Finanzbusiness aufzieht. Nahezu übergangslos setzt ihn sein Chef, dessen Funktion in etwa mit der eines Führungsoffiziers von Agenten beschrieben werden kann, in der türkischen Unterwelt ein.

Foto: NDR/Georges Pauly

Filmszene Tatort Auf der Sonnenseite NDR

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Dort geht es um Hehlerei und gefälschte Mikroelektronik, vor allem um den Mord am Neffen des Paten. Dieser Pate, von Aykut Kaycik sehr menschlich, sehr türkisch dargestellt, hat sich eine schöne hanseatische Oberfläche zugelegt: ein Restaurant in bester Lage mit augenscheinlich noch besserer Küche, in dem sich die feine Gesellschaft labt. Als man ihm die Todesnachricht übermittelt, besäuft er sich und randaliert natürlich dort, denn nur dort kann sich in der Wut das Klischee erfüllen, das gerne bei der Inszenierung von Geschichten mit Migrationshintergrund herangezogen wird. "Wer bist du denn, dass du mir was vorschreibst!", brüllt der sonst so höfliche Türke seinen deutschen Gast an. Der fühlte sich belästigt durch die laute Trauer. Deutsche trauern leise. Das ist der Tiefpunkt des an sich guten Krimis: Bitte keine Volkshochschule mehr. Warum immer alles auserklären?

Foto: NDR/Georges Pauly

Filmszene Tatort Auf der Sonnenseite NDR

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Glücklicherweise passiert das mit der Figur Cenk Batu nicht. Sie kann sich entwickeln - in alle Richtungen.

Foto: NDR/Georges Pauly

tatort hamburg ndr

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Es gibt Andeutungen: die Sympathie für eine Nachbarin, Fern-Schach mit dem Papa, eine Freundschaft mit dem Chef (wirkungsvoll dargestellt von Peter Jordan). Mit ihm kann Cenk Batu als Cenk Batu Konflikte führen. In den Scheinidentitäten und Scheinwelten, in die er eintaucht, ist das nicht möglich.

Foto: NDR/Georges Pauly

Mehmet Kurtulus (Cenk Baut)

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Gutes Timing beweisen Regie (Richard Huber), Kamera (Martin Langer) und Buch (Wettcke/Silber) am Schluss. In einer zugespitzen Zusammenführung deutscher und türkischer Verbrecher trennt sich das Gute vom Bösen. Niemand kommt zu Schaden, Batu ist nicht Bond, obwohl er mit Minikamera arbeitet. Am nächsten Morgen steht auch nur die Nachbarin vor der Tür.

Foto: ap

Text: Christopher Keil/SZ vom 25.10.2008/jb

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