Süddeutsche Zeitung

Neuer Chefdirigent:Sparen und gestalten

Ivan Repušić freut sich aufs Rundfunkorchester

Von Klaus Kalchschmid

Bereits 2016 hat der Bayerische Rundfunk den Etat in vielen Bereichen um drei Prozent gekürzt. Aber noch sind die Klangkörper davon ausgenommen. Im nächsten Jahr aber steht eine Kürzung in derselben Höhe an, die alle Programmdirektionen und damit auch das Symphonieorchester, das Rundfunkorchester und den BR-Chor treffen wird. Das teilte Hörfunkdirektor Martin Wagner am Ende der Vorstellung von Ivan Repušić als neuem Chefdirigenten des Rundfunkorchesters mit. Stellenkürzungen bei BR-Chor und den beiden Orchestern schloss er jedoch ausdrücklich aus.

Für die Ankündigung dieser Einsparungen gab es naturgemäß keinen Applaus, aber zuvor war zweimal langer Beifall im großen Sitzungssaal des BR aufgebrandet. Zum ersten Mal, als BR-Intendant Ulrich Wilhelm und Ivan Repušić den einstweilen auf drei Jahre befristeten Vertrag unterschrieben hatten. Noch stärker und anhaltend aber war etwas später die Zustimmung, als der 37-Jährige in fast perfektem Deutsch mit nur leichtem Akzent versicherte, er könne es gar nicht mehr erwarten, bis er endlich anfangen dürfe mit den Musikern zu arbeiten.

"Die Chemie mit dem Orchester und die nonverbale Kommunikation stimmte von Anfang an, und auch seine Neugier ist enorm", hatte Intendant Wilhelm zuvor gesagt und damit auf das Debüt des kroatischen Dirigenten mit Giacomo Puccinis "La Rondine" vor einem Jahr angespielt. Der Oper war eine rauschende Silvestergala gefolgt, bei der "nicht nur die Augen der Orchestermitglieder leuchteten, sondern auch die des Publikums."

Ivan Repušić erzählte anschließend mit einem ähnlichen Glanz in den Augen und einem feinen Lächeln, das nie aus seinem Gesicht wich: "Als ich Student war in Zagreb, habe ich an "Gianni Schicchi" gearbeitet und mir viele Aufnahmen angehört. Am besten gefallen hat mir die mit dem Münchner Rundfunkorchester unter Giuseppe Patané und Rolando Panerai in der Titelpartie. Als ich hier ebenfalls Puccini zu proben begann, schenkte mir ein Musiker genau diese Aufnahme von 1988. Ich habe sie mir mit derselben Begeisterung gleich in der Nacht noch einmal angehört."

Repušić gab auch einen Einblick in seine Pläne: "Das Kernrepertoire mit internationalen Stars möchte ich pflegen, und dabei soll die italienische Oper wieder mehr im Zentrum stehen!" Aber auch einen slawischen Schwerpunkt möchte er setzen - etwa mit dem "Stabat Mater" von Karol Szymanowski, Opern Martinůs, Smetanas oder Dvořák und Werken Belá Bartóks.

Noch vor Antritt seines neuen Postens in München als Nachfolger von Ulf Schirmer im Herbst 2017 wird Ivan Repušić bereits im Herbst 2016 Generalmusikdirektor der Staatsoper Hannover. Diesem Haus war er schon von 2010 bis 2013 als erster Kapellmeister verbunden; zudem bleibt er erster Gastdirigent der Deutschen Oper Berlin, auch wenn er nach eigener Aussage dort nun vielleicht etwas weniger dirigieren wird: "Aber um diese drei Tätigkeiten zu vereinbaren, benötigt man schlicht eine gute, genaue und rechtzeitige Planung."

Auch der Orchestervorstand formulierte seine Begeisterung: "Wir spürten schon beim ersten Mal sein Musizieren aus dem Herzen über den Verstand - und nicht umgekehrt. Das war eine Empfindsamkeit der Musik gegenüber, die wir lange gesucht haben. Wir haben auf ihn gewartet, ohne zu wissen, dass er es sein würde, der dann zu uns kommt."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3040654
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 20.06.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.