Neue Kulturstaatsministerin Grütters:Senkrecht gestartet, konsequent gelandet

Monika Grütters

Monika Grütters (CDU) wird neue Kulturstaatsministerin.

(Foto: dpa)

Kein anderer Name ist in den Spekulationen um die Nachfolge Bernd Neumanns so häufig genannt worden: Monika Grütters galt schon lange als "Senkrechtstarterin" und Hoffnung der Berliner CDU, jetzt wird sie Kulturstaatsministerin. Grütters scheint bestens vorbereitet - doch genau deswegen wird man ihr nicht viel Zeit geben.

Von Jens Bisky, Berlin

"Richtig bürgerlich, katholisch, münsterianisch", so hat Monika Grütters selbst ihre Herkunft beschrieben. Nun wird die Berliner CDU-Frau, die Bildungsbürgerin mit einer besonderen Leidenschaft für bildende Kunst und Theater, Kulturstaatsministerin. Wer ihre Biografie mustert, wird diesen Schritt folgerichtig, beinahe zwangsläufig finden. Seit bekannt wurde, dass Bernd Neumann aus gesundheitlichen Gründen eine weitere Amtszeit ausschloss, ist in den Spekulationen um die Nachfolge denn auch kein anderer Name so häufig genannt worden wie der von Monika Grütters.

Seit 2009 ist sie Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien. Sie kennt also beinahe jeden im Betrieb, und jeder kennt sie. 1962 in einer Familie mit fünf Kindern geboren, hat Monika Grütters in Münster und Bonn Germanistik, Kunstgeschichte und Politikwissenschaft studiert. Anfang der Neunzigerjahre kam sie ans Museum für Verkehr und Technik nach Berlin. Seitdem hat sie ihre politische Position wie ihre Stellung im Kulturbetrieb energisch ausgebaut.

Sie lehrt Kulturmanagement an der Hochschule für Musik Hanns Eisler und ist Sprecherin des Vorstands der Stiftung "Brandenburger Tor", die von der Berliner Bankgesellschaft gegründet wurde, um Bildung, Kultur und Wissenschaft zu fördern. Das Programm des Max-Liebermann-Hauses, in dem die Stiftung sitzt, kann sich sehen lassen. Bis Ende des Jahres noch wird hier, gleich neben dem Brandenburger Tor, die geglückte Jean-Paul-Ausstellung "Dintenuniversum" gezeigt.

In den Neunzigern galt Monika Grütters als "Senkrechtstarterin" und Hoffnung der Berliner CDU. Obwohl sie eine Vertraute von Klaus-Rüdiger Landowsky war, fiel es ihr nicht leicht, sich gegen die Alt-Herren-Seilschaften der Kreisverbände und deren oft rüde Umgangsformen durchzusetzen. Wie wenige sonst hat sie für die Urbanisierung der unter Diepgen und Landowsky geistig verkümmerten Hauptstadt-CDU gestritten, gegen ein vermufftes Familienbild und bildungs- oder kulturpolitische Engstirnigkeit. Ihr Wahlkreis liegt in Marzahn-Hellersdorf, also in Plattenbauland. Hier unterlag sie 2005, 2009 und 2013 Petra Pau von den Linken, immerhin konnte sie ihr Ergebnis deutlich verbessern.

In den Jahren mit dem Kulturstaatsminister Bernd Neumann wurde gern der Unterschied zwischen parteipolitischer Erfahrung und intellektuellem Ehrgeiz gemacht. Der eine sorgt für Geld und Verlässlichkeit, hieß es, der andere für schöne Reden und Konzepte. Monika Grütters hat nun die Möglichkeit, diese Trennung zu überwinden.

Monika Grütters Lieblingsprojekt

Der Etat ist mit etwa 1,28 Milliarden Euro klein im Vergleich zu anderen Ressorts, die öffentliche Aufmerksamkeit aber groß, größer noch die Gelegenheit, mit wenig viel zu erreichen oder durch Ungeschick viel zu verderben. Der Koalitionsvertrag ist in Sachen Kultur kleinteilig und vollmundig zugleich. Die entscheidende Aufgabe wird benannt: Bund und Länder wollen in Sachen Kultur intensiver und systematisch zusammenarbeiten, auch um dem demografischen Wandel zu begegnen. So vernünftig das klingt, so verwickelt wird es im Detail. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist drastisch unterfinanziert, doch traut sich derzeit keiner, den Kompromiss zwischen Bund, Berlin und den Ländern neu zu verhandeln. Zu groß ist die Sorge, dabei mehr zu zerstören als zu gewinnen.

Das Humboldt-Forum im Berliner Schloss gehört zu den Lieblingsprojekten von Monika Grütters. Die dafür zuständige Stabsstelle in der Preußenstiftung ist lächerlich klein, die Abstimmung mit den anderen Beteiligten sehr obenhin organisiert. Papiere gibt es reichlich, eine arbeitsfähige Struktur kann allein die Staatsministerin initiieren, es sei denn, man will das Vorhaben weiterhin den Autosuggestionen einiger Beteiligter überlassen.

Sie wird nicht viel Zeit haben

Hortensia Völckers von der Bundeskulturstiftung hat vor Kurzem nachdrücklich für eine enge Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen geworben. In klug ausgewählten Vorhaben könnte der Bund die strategische Modernisierung der Museen, Theater, der kleinen und großen Häuser fördern, um zu erproben, wie man intelligent auf die sehr unterschiedlichen Verhältnisse reagiert. Angesichts des unüberlegten Drauflossparens etwa in Sachsen-Anhalt spricht viel für solche Projekte.

Alles Digitale wurde dem Verkehrsministerium zugeschlagen, selbstredend muss die Staatsministerin hier auf die Interessen der Kultur achten. Sie wird auch die alle paar Jahre heftig debattierte Zukunft der Stasi-Unterlagen-Behörde planen müssen. In einem Punkt hat sie Glück. Frank-Walter Steinmeier hat als Außenminister schon einmal gezeigt, wie wichtig ihm das Goethe-Institut, die auswärtige Kulturpolitik ist.

Jeder der vier Vorgänger von Monika Grütters hat das Amt für sich neu erfunden. Da sie bestens vorbereitet zu sein scheint, wird man ihr dafür nicht viel Zeit lassen wollen.

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