Neue Filme:Pupsende Käfer

Fatih Akin hat Heinz Strunks Serienmörder-Bestseller "Der goldene Handschuh" verfilmt und erspart den Zuschauern kein grausames Detail. Im Drama "Der verlorene Sohn" geht es um den Umgang mit Homosexualität in den USA.

Die Starts ab 21. Februar auf einen Blick, bewertet von den SZ-Kritikern. Rezensionen ausgewählter Filme folgen.

Can You Ever Forgive Me?

Melissa McCarthy spielt die bärbeißige New Yorker Schriftstellerin Lee Israel, die Alkohol und Katzen der Lohnschreiberei und den Menschen vorzieht - die achtziger Jahre sind vorbei, sie kann so nicht mehr weitermachen. Aus Geldsorgen fälscht sie einen ersten Brief und dreht ihn einem Noel-Coward-Fan an, und bald betreibt sie mit ihrem Saufkumpanen Jack (Rupert E. Grant) eine florierende Fälscherwerkstatt. Marielle Heller Film erzählt eine wahre Geschichte, die sehr gut als Analyse einer Zeitenwende funktioniert - großartig ist aber vor allem McCarthy mit ihrem Balanceakt zwischen komischer Figur und großer Tragödie. Susan Vahabzadeh

Der goldene Handschuh

Der Hamburger Serienmörder Fritz Honka missbrauchte, tötete und zerstückelte in den Siebzigerjahren vier Frauen, die er in der Kiezkneipe "Zum goldenen Handschuh" auf St. Pauli kennenlernte. Diese Geschichte hat Heinz Strunk 2016 als Roman erzählt, der nun von Fatih Akin verfilmt wurde. Ein brutaler Horrortrip ins Säuferelend der untersten Unterschicht, bei dem der Regisseur seinen Zuschauern kein grausames Detail erspart (siehe Feuilleton vom 11. Februar). David Steinitz

Hotel Jugoslavija

Jugoslawien gibt es nicht mehr, das gleichnamige Hotel in Belgrad schon. Unter Tito stiegen in dem größten Luxushotel auf dem Balkan einst Stars und Regierungschefs ab, heute beherbergt es ein Spielcasino. In der nostalgischen Spurensuche des Filmemachers Nicolas Wagnières wird das renovierungsbedürftige Siebzigerjahregebäude zu einem mythischen Ort, der persönliche und kollektive Erinnerung verwebt und gleichzeitig Serbiens aktuelle Identitätssuche spiegelt. Anna Steinbauer

Lords of Chaos

Jugendliche nehmen sich häufig ernst. Im Zentrum von Jonas Åkerlunds Death-Metal-Drama steht eine Gruppe Jugendlicher, die alles sehr ernst nimmt, alles bis auf den Tod. Ihr Ziel: Musik machen, zu der "man Selbstmord begehen möchte". Neben pittoresken Bildern norwegischer Fjords und Kirchen stellt Åkerlund grafische Darstellungen von Gewalt und Sex (niemals Erotik). Dennoch vergisst man bis zum unvermeidlich tragischen Ende nie, dass es nur um Jugendliche geht, die erstaunlich viel Identifikationspotenzial bieten. Janne Knödler

Mein Bester & Ich

Dieses Hollywood-Remake des französischen Riesenerfolgs "Ziemlich beste Freunde" hat Neil Burger für die Weinstein Company gedreht. Die setzte große Hoffnungen in den Film, doch nach den Vergewaltigungsvorwürfen gegen Harvey Weinstein verwandelte er sich in Konkursmasse. Als er schließlich doch noch auf die Kinosäle zusteuerte, tauchten homophobe Tweets von Hauptdarsteller Kevin Hart auf - "The Upside" hat wahrlich nicht viel Glück gehabt. Vielleicht ist das die Strafe für seinen latent rassistischen Plot: Viriler, schwarzer Bediensteter bringt in den Rollstuhl gefesselten, griesgrämigen Weißen dem Mutterboden simpler Lebensfreude näher. Der Film selbst kommt da gar nicht an, dafür nimmt er sich zu ernst. Philipp Bovermann

Die Schneekönigin

Der König will alle Magier loswerden und sperrt sie ins Spiegelland. Dort wartet schon die Schneekönigin, die aus der Welt verbannt wurde. Gerda muss ihre Familie retten, da sie die einzige ist, die nicht zaubern kann und daher frei bleibt. Auch der vierte Animationsfilm der russischen Reihe ist wie der Disney-Erfolg "Die Eiskönigin" an Hans Christian Andersens Märchen angelehnt. Robert Lence und Aleksey Tsitsilin machen daraus einen Kampf zwischen Wissenschaft und Magie - und übertreiben am Ende etwas. Ana Maria Michel

Der verlorene Sohn

In den USA, ganz tief im Wilden Westen, werden bisweilen auch heute noch Söhne, die anderer Väter Söhne begehren, zur "Konversionstherapie" geschickt. Dort sollen sie durch eine Mischung aus wenig Zuckerbrot, ganz viel Peitsche und noch mehr Glaube an die Kraft des Heilands auf den rechtschaffenen Pfad der Heterosexualität zurückkehren. Joel Edgerton schickt Lucas Hedges durch diese Hölle, Russell Crowe und Nicole Kidman spielen die Eltern. Allesamt sind das hervorragende Schauspieler, mit denen man einen besseren Film hätte herausholen können. Einen, über den man nicht hinterher rechtschaffen nickend "jaja, wichtiges Thema" sagen muss. Philipp Bovermann

Vice - Der zweite Mann

Ja doch, er sieht wirklich ein wenig wie Dick Cheney aus, jener Vizepräsident, der während der Präsidentschaft von George W. Bush im Hintergrund alle Fäden zog. Der meist eher schlanke Extremschauspieler Christian Bale hat sich mal wieder komplett verwandelt. Sein Stareinsatz erlaubt es dem Filmemacher Adam McKay, mal wirklich tief in Leben und Taten eines Washingtoner Bürokraten einzusteigen, der ein Meister darin war, seine Taktiken und seine wahre Macht zu verschleiern. Der Ton ist leicht, bisweilen fast komödienhaft, aber die Faktenrecherche ist knallhart. Hier sind sogar Politjunkies angesprochen - während alle anderen, die noch einmal Zeuge dieser konservativen Machtergreifung werden, aus dem Staunen nicht herauskommen (siehe Feuilleton vom 12. Februar). Tobias Kniebe

Die Winzlinge

Das einfachste Rezept für eine Fortsetzung lautet: Dasselbe noch mal, nur diesmal in der Karibik. Für einen unerschrockenen, häufig pupsenden Marienkäfer bedeutet das eine rasante Reise, bei der kleinere Zuschauer eventuell hin und wieder abgehängt werden. Aber wenn schon: Die animierten Insekten von Hélène Giraud und Thomas Szabo tun, was sie sollen. Sie kreuchen und fleuchen und beweisen, dass Winzlinge alles schaffen können, wenn sie sich zusammentun. Philipp Bovermann

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