Neue Filme in Kürze:Die Starts der Woche

Wie macht man eine Abifeier, die zur Legende wird? Wie lösen drei junge Detektivinnen jeden Fall? Und wie funktioniert die Gesichtserkennung der Zukunft? Das sind nur einige der Fragen in dieser Kinowoche.

Von den SZ-Kritikern

Abikalypse

Maximilian Senff: Vor dem Abschluss haben alle Schüler die gleichen Sorgen: Liebe, Zukunft, Zugehörigkeit. So auch die vier Protagonisten von "Abikalypse". Sie werden zu keiner Party eingeladen - und planen dennoch das größte Fest der Schulgeschichte. Damit wollen sie zu Legenden werden, doch auf dem Weg dahin wird ihre Freundschaft kräftig auf die Probe gestellt. Regisseur Adolfo J. Kolmerer erfindet das Schulgenre nicht neu, nimmt sich dem Thema aber zeitgemäß an, und durchaus realitätsnäher als vergleichbare Filme.

Cleo

Annett Scheffel: Berlin kann ja bekanntlich vieles sein. Sogar Schauplatz für die Geschichte einer jungen Frau, die mithilfe einer Zauberuhr den Tod der Eltern ungeschehen machen will. Als Terrain für ein vor Kitsch triefendes Großstadtmärchen, wie es Erik Schmitt in seinem ersten Spielfilm erzählt, taugt die Stadt aber nur leidlich. Zugegeben, man sieht dem Film seine visuelle Fabulierfreude an, auch die herbeigesehnte Verbrüderung mit "Amélie"-Regisseur Jean-Pierre Jeunet. Aber Schmitts Berlin ist schlicht zu sauber und zu bonbonfarben - und die grelle Mischung aus Historienabenteuer, Rom-Com und Schulexkursion zu schablonenhaft.

Die drei !!!

Ana Maria Michel: Die schlaue Kim, die sportliche Franzi und die schöne Marie sind die drei Ausrufezeichen. So sehr Kult wie die drei Fragezeichen sind die jungen Detektivinnen, die Fans bisher aus Büchern und Hörspielen kennen, zwar noch nicht, aber sie übernehmen trotzdem jeden Fall - und das nun auch im Kino. Bei Viviane Andereggen müssen sie ein perfides Phantom enttarnen, daneben geht es sehr viel um Jungs und Zickereien. Schade, denn Detektivarbeit ist doch eigentlich viel spannender als Mädchen-Klischees.

Face it!

Doris Kuhn: Gerd Conradt verweist auf Experimente mit Gesichtserkennungssoftware im öffentlichen Raum und befragt parallel Sachverständige aus Wissenschaft, Kunst, Technik und Politik über dieses Thema. Daraus wird bei ihm allerdings mehr als bloß eine Paranoia-Dokumentation zum Überwachungsstaat: Es entsteht eine Art Kulturgeschichte des Mienenspiels, in der die Ausdrucksfähigkeit von Gesichtern aus unterschiedlichsten Perspektiven interpretiert wird.

Ein ganz gewöhnlicher Held

Fritz Göttler: Eine Hymne auf Solidarität und Mitgefühl, so cool, wie es Frank Capra vielleicht nie hingekriegt hatte. Die städtische Public Library in Cincinnati ist wesentlicher Teil des Alltags der Obdachlosen - Morgentoilette, Lesen, Nachschlagen. Als es eiskalte Wintertemperaturen in der Stadt gibt und die Notunterkünfte nicht mehr ausreichen, weigern sich die Obdachlosen, die Bibliothek zu verlassen, und verbarrikadieren sich. Der Cop Alec Baldwin und Staatsanwalt Christian Slater, der Bürgermeister werden will, verhandeln. Dagegen steht Emilio Estevez, der auch Regie führte, als Bibliotheksmitarbeiter - er hat eine turbulente Vergangenheit, die ihn der Stadtgewalt suspekt macht. Die Fragen, um die der Film kreist, kennen wir in Europa von den Geschichten aus dem Mittelmeer.

La Flor

Fritz Göttler: Man muss lernen, sich zu verlieren in diesem Filmwerk, 14 Stunden lang, sechs Episoden. Mariano Llinás, der Regisseur, erklärt uns zu Beginn, wie die Sache ungefähr läuft - er hat ein Buch dabei, das vollgekritzelt ist mit Begriffen und Skizzen. Vier der sechs Episoden haben einen Anfang und kein Ende, die sechste fängt in der Mitte an und bringt das Ganze dann zum Schluss, nur die fünfte hat ordentlich Anfang und Ende. Man kurvt lässig durch ein Serialland, mit den Frauen Laura, Pilar, Elisa, Valeria, auf den Spuren von Borges und Fritz Lang. Eine Mumie sorgt für Chaos, später gibt es viel Spionage und Emotionen zwischen Agenten, eine Filmcrew macht sich an die Suche nach Bäumen und Geschichten, Frauen kommen aus der Gefangenschaft bei den Indios frei. Das Kino hat keinen Anfang und kein Ende, wir wissen es, die Ordnung, die das Geschichtenerzählen suggeriert, ist eine Illusion.

Leid und Herrlichkeit

Rainer Gansera: Intim wie ein Bekenntnis, schön wie ein Poem, rührend wie eine Liebeserklärung. In Pedro Almodóvars autobiografischem Bilderbogen erinnert Salvador, ein alternder, renommierter, schwuler, von zahlreichen Gebrechen heimgesuchter Filmemacher, sich an seine großen Lebensmomente. Antonio Banderas, herrlich entspannt, verkörpert Almodóvars Alter Ego. Tagträumerisch visioniert er die kostbaren Erinnerungen, die dem Erwachen leidenschaftlichen Begehrens und dem Mutterbild ihre strahlendsten Farben schenken.

Vox Lux

Juliane Liebert: Was auf dem Papier klingt wie eine artsy Fassung von "Forrest Gump" mit weiblicher Hauptrolle, entpuppt sich in der Inszenierung von Brady Corbet als zwei nur lose miteinander verbundene Filme, die so tun, als seien sie einer. Am Ende hat man nur eine vage Idee, was man gesehen haben könnte - und warum und wieso es Natalie Portman so mies geht. Ihre Figur hat, als sie noch jung war und von Raffey Cassidy gespielt wird, einen Amoklauf überlebt und wurde daraufhin Popstar. Jude Law ist auch da und sorgt sich. Der Abspann wird am Anfang gezeigt, und die Credits laufen am Ende rückwärts. Noch Fragen?

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